Dieter Matz - 3. Quartal 2023


Dieter Matz - Der Blog

Folge 28/2023

Online seit 25.09.2023 


Rückblick nach der Herbstpause.


Wer braucht eigentlich diese Länderspiel-Pausen? Ich nicht. Aber mit diesem Problem habe ich wohl ganz allein zu kämpfen, das soll nicht Euer Problem sein und werden.

Drüber schreiben möchte ich aber dennoch ein wenig:



Deutschland gegen Japan wurde zum Abschiedsspiel für den Bundes-Hansi. Herzlichen Glückwunsch, DFB – das war die einzige Entscheidung in den letzten Jahren, die richtig gut war. Ansonsten ist das, was sich da in Frankfurt am Main gerade abspielt, das reinste Chaos. So schlimm war es um den deutschen Fußball wohl noch nie bestellt, ich sehe keinen Menschen, der dazu befähigt ist, diesen schlimmen Zustand zu ändern. Die, die im Moment dafür zuständig wären, halte ich alle für ahnungslos. Total ahnungslos. Ernsthaft.



Ich hatte ja hier, an dieser Stelle, versprochen, dass ich mir kein Länderspiel mehr von der deutschen Nationalmannschaft ansehen werde, wenn Niklas Süle mitspielt. Ich habe Wort gehalten. Null vom Japan-Spiel gesehen. Bis heute kein Tor dieser Packung. Auch nicht nachträglich. Ging mir alles am Allerwertesten vorbei. Und: Eigentlich, so fällt mir auf, hätte ich Sühle mit „h“ schreiben sollen. So hat es nämlich ein Golf-Club, der vor den Toren Wolfsburgs angesiedelt ist, wo dieses Länderspiel ja stattgefunden hat, auf einer Willkommens-Tafel geschrieben, als einige Nationalspieler dort vor dem desolaten Kick zu Gast waren. Irgendeiner aus der Flick-Schusterei (Nationalmannschaft) wurde dazu auch weiterhin noch falsch geschrieben, aber das ist mir entfallen, ist mir aber auch total egal. Dieses „Sühle“ spricht nur dafür, wie gut die Nationalspieler zurzeit in unserer Gesellschaft angesehen sind!



Als Flick, der ja angeblich 6,5 Millionen Euro im Jahr verdient hat – oder eher: bekommen hat – vor dem Frankreich-Spiel gegangen wurde, bin ich doch über meinen Schatten gesprungen und habe mir das Länderspiel in den zweiten 45 Minuten angesehen. Mit „Sühle“, die Kröte habe ich dann doch geschluckt. Immerhin gab es ja noch einen Sieg zu bejubeln, und das gegen die derzeitige Nummer zwei der Weltrangliste (der ohne Kylian Mbappe antrat). Ich war dabei mehr als erstaunt, dass bei diesem Spiel nicht nur der Ersatz-Bundestrainer Rudi Völler das Sagen am Spielfeldrand hatte, sondern auch die „Jünglinge“ Hannes Wolf und Unterhachings Aufstiegstrainer Sandro Wagner. Die mischten beide so lautstark mit, dass ich den Eindruck hatte, sie seien schon seit mindestens zehn Jahren Bundestrainer. Alle Achtung.


Und jetzt soll es also Julian Nagelsmann richten. Beziehungsweise soll er den deutschen Fußball retten. Ich bin mal gespannt. Und ich gebe zu, dass mich dabei ein äußerst mulmiges Gefühl beschleicht. Aber wer hat sich nicht schon alles gemeldet, und die „Sache Nagelsmann“ als „super Lösung“ bezeichnet! Jürgen Klopp zum Beispiel, oder Ottmar Hitzfeld. Großartig. Simon Rolfes auch, der Leverkusener. Und Dietmar Hopp, der Hoffenheimer Mäzen, lobt: „Nagelsmann ist der beste Trainer, den ich kenne.“ Wahrscheinlich hat auch schon Hansi Flick gesagt, wie toll er diese Personalie findet! Ganz toll haben es auf jeden Fall die DFB-Herren gefunden. Chef Bernd Neuendorf gab an: „Der Rudi, der Aki und ich waren uns einig, wir haben das Ranking abgearbeitet, und da stand Julian an erster Stelle.“ Mit Aki ist Dortmunds Boss Watzke gemeint, das nur am Rande.

Mich erinnert das an jene Zeiten, lang ist es her, als Berti Vogts Nachfolger von Franz Beckenbauer geworden war. Von Günter Netzer, Uli Hoeneß, Beckenbauer höchst persönlich, Paul Breitner, Wolfgang Overath und, und, und – sie alle waren Feuer und Flamme für Vogts und schreien alle laut „Hurra“: „Der Beste, den man kriegen konnte!“ Dabei hatte von diesen großen Experten ja nie einer mitbekommen, wie Vogts vorher bei der deutschen U21-Nationalmannschaft wirkte und wirbelte. Ich sehr wohl. Und ich schlage heute noch beide Hände über dem Kopf zusammen, wieso es damals zu solchen Experten-Meinungen kommen konnte! In meinen Augen war ein jeder von diesen Stars (würde Bild schreiben, denn bei Bild sind alle Fußballer Stars!) und Sprüche-Klopfern heilfroh, es nicht selbst machen zu müssen. . .


Themen-Wechsel.

Als Stefan Kuntz in Türkei entlassen worden ist, hieß es ja von vielen (Experten): „Jetzt muss er uns helfen, er wird Bundestrainer, er muss Bundestrainer werden.“ Oh man! Die Bild hat wieder am größten geschrieben und gefordert. Zum Glück hat der Fußball-Gott das zu verhindern gewusst. Und noch eine Personalie ist ja rauf und runter diskutiert worden: Andreas Rettig ist der Nachfolger von Oliver Bierhoff geworden. Rettig war ja mal (kurz) beim FC St. Pauli, wir mögen uns und schätzen uns – wie das jetzt ist, mit seinem Amt im Rücken, vermag ich nicht zu beurteilen, aber ich drücke ihm die Daumen, dass er es packt – beim DFB. Er ist kein Ja-Sager, er ist unbequem, er vertritt seine Meinung konsequent, auch gegen jene, die im deutschen Fußball denken, dass sie das Sagen haben – ich bin auf Rettig echt gespannt.


Auf Ernst Middendorp, auch das schnell noch als Personalie untergebracht, bin ich überhaupt nicht mehr gespannt. Der Ex-Meppener hat nach 14 Tagen schon wieder seinen Job in Tansania geschmissen. Ich bin gespannt, wo er nun wieder landen wird. Liechtenstein? Fortuna Glückstadt? Ruanda? Eswatini? Fosite Helgoland? Eintracht Legoland? Der Mann ist sensationell, ich hoffe mal, dass er so schnell keinen Trainer-Job mehr bekommen wird – aber die Dummen sterben bekanntlich nie aus.


Apropos: Am vorletzten Wochenende, das war am 16./17. September, lief in Polen das Erstliga-Punktspiel Rakow Tschenstochau gegen LKS Lodz (1:0). Der Sieger ist ja bekanntlich der neue Arbeitgeber von Ex-HSV-Star (so würde die Bild es ganz sicher ausdrücken!) Sonny Kittel. Fünfmal wurde bei der Heimmannschaft gewechselt, Kittel blieb auf der Bank. Vielleicht, so denke ich mal, war er noch leicht angeschlagen. Ich werde das weiter beobachten. In der Europa League spielten die Polen dann in Bergamo gegen Atalanta. 2:0 siegten die Italiener. Beim Stande von 1:0 wurde Sonny Kittel, Ihr erinnert, das war einst der Ausnahmespieler des HSV, eingewechselt. Er kam in der 62. Minute für Yeboah. Tatsächlich. Verhindern konnte er die Niederlage aber nicht mehr.


Nun zum „richtigen“ HSV. Obwohl, ich glaube, dass in diesem Fall „richtig“ gar nicht so richtig ist. Denn es gab ja bekanntlich in Elversberg auf die Nuss. Viele hatten da schon wieder die Befürchtung, dass es bereits jetzt, wo der Herbst ja gerade erst begonnen hat, bergab gehen könnte mit dem HSV. Aber wo denken wir denn hin? Oder wo denkt Ihr denn hin? Ich hatte mich ja beim Stammtisch-Abend in der Strandkorb-Manufaktur Buxtehude weit aus dem Fenster gelegt, weil ich behauptet hatte: „In dieser Saison steigt der HSV auf – weil er sich super und sehr effizient verstärkt hat. Sofort hatte mich ja Euer Klaus Horstmann zurückgepfiffen und angemahnt: „So etwas jetzt zu sagen, ist völlig falsch, denke mal an die Jahre zuvor, da sah es lange auch ganz gut aus, aber dann kam stets der Bruch. . .“ Stimmt natürlich. Und ich muss zugeben, dass Elversberg ja voll dafür spricht – dass es doch mal wieder in die Hose gehen könnte. Aber mal abwarten.


Nur wie hatte HSV-Trainer Tim Walter noch in Elversberg entschuldigend in das ARD-Mikrofon gesagt: „Wenn es Fehler gibt, kann auf der Welt jeder Underdog gegen einen Favoriten gewinnen. Wir sind auch nur Menschen.“


Natürlich.

Und weiter sagte Walter: „Wir haben Elversberg definitiv nicht unterschätzt, denn wir sind sehr, sehr bodenständig." Dann lieferte er die Erklärung für die Pleite hinterher: „Überall dort, wo der HSV zu den Spielen hinkommt, geben die Gegner 20 oder 30 Prozent mehr."

Natürlich. Wie gemein ist das denn! Im höchsten Maße unfair ist das! UND: Ist so etwas nicht auch grob unanständig? Oder sogar verboten? Die bringen 20 oder 30 Prozent mehr, und der Gegner darf das nicht? Wo gibt es denn so etwas? Das ist doch das Allerletzte. Da würde ich mich an Walters Stelle aber mal ganz kräftig beim DFB oder auch beim Papst beschweren. Die bringen da einfach 20 oder 30 Prozent mehr. Eine riesige Sauerei ist das doch! Und wenn der Gegner dann so einfach mir nichts dir nichts mehr bringt, so muss man, so müssen wir wohl alle resümieren, wird es natürlich viel schwerer, als vorher gedacht! Für jeden! Auch für den HSV! Natürlich. Die Zweite Liga hat es ja in sich. 20 oder 30 Prozent mehr gegen sich muss eine Mannschaft wie der HSV erst einmal verkraften, das ist gewiss nicht ganz so leicht! Und wenn man sich dann solche Gegentore einfängt, wie dieses 1:0 von Elversberg. . . Dann sind es vielleicht schon 40 bis 50 Prozent, die der Gegner mehr gibt – oder die der HSV dann mehr geben müsste. Ihr erinnert noch: Dennis Hadzikadunic verstolperte am HSV-Strafraum den Ball – und das HSV-Tor war leer. Schon waren zehn oder 20 Prozent zusätzlich zu den bereits vorhandenen 20 oder 30 Prozent vorhanden, gegen die der HSV erst einmal ankommen musste.



Und wenn dann eine Mannschaft, so wie an diesem Tage, nur mit fünf Spielern spielen muss, die 100 Prozent (oder in etwa 100 Prozent) bringen, dann fehlen da doch schon weit über 100 Prozent oder so in etwa insgesamt. Laszlo Benes, Bakery Jatta, Ludovit Reis, Jean-Luc Dompe und Robert Glatzel waren für mich Totalausfälle, und Ignace van der Brempt sowie Hadzikadunic spielten gar nicht erst mit. Wie viele bleiben da eigentlich noch? Nur noch vier. Oha. Ich habe mich verrechnet. Nur vier! Statt fünf. Verlangt jetzt aber nicht, dass ich das noch groß ausrechne, wie viele Prozente da dann noch tatsächlich auf dem Rasen standen. Gegen einen Gegner, der sowieso 20 oder 30 Prozent mehr aufbietet – quasi von Haus aus.



Dass der Schiedsrichter, der Herr Patrick Schwengers aus Timmendorf oder Travemünde, von Haus aus schon 20 bis 30 Prozent weniger bot, weil er aus Norddeutschland kam, darf man ihm nicht groß verübeln und vor allem nicht negativ anrechnen. Das sollten dann doch eher die hohen und allgewaltigen Schiedsrichter-Herren des DFB begutachten. Nur recht seltsam ist das alles schon, finde ich.



Vor dem Osnabrück-Spiel am Freitag, um noch einmal auf den HSV-Coach zu kommen, hatte Tim Walter dann noch verkündet: „Wir haben aus Elversberg gelernt.“

Aha!

Bitter nur, dass der VfL eine Woche zuvor lediglich 0:7 in Hannover verloren hatte, und dass der Aufsteiger mit nur einem Pünktchen an letzter Stelle der Tabelle rangierte. Solche Gegner sind brandgefährlich, zumal sie ja auch 20 oder 30 Prozent mehr bringen – als sonst. Und genau: So etwas dient nicht dazu, aus einer 1:2-Niederlage bei einem Aufsteiger die nötigen Lehren zu ziehen, egal was man auch so locker dahinsagt. Zumal der VfL Osnabrück natürlich auch von diesen „20 oder 30 Prozent mehr bringen“ weiß. Die spielen ja auch nicht erst seit gestern Fußball. Es kommt ja der große HSV.

Ich frage mich aber ernsthaft, warum der große HSV, der ja weiß, dass der Gegner wieder 20 oder 30 Prozent mehr bringen wird, nicht auch 20 oder 30 Prozent mehr bringt. Oder sogar 40 Prozent? Wäre wohl ein wenig unfair, aber ist ja auch nicht total verboten. Eigentlich. Es sei denn, der Trainer sagt (oder ordnet an), dass hier „keine 20 oder 30 Prozent mehr zu bringen“ nötig ist: „Hier reicht weniger!“













Und so hat der HSV dann auch an der Bremer Brücke gespielt. 1:0 durch ein Tor von Glatzel – alles voll normal. Da wurde nicht groß gejubelt, auch nicht großartig gefeiert, war ja erst der Anfang einer schönen Packung für Osnabrück. Voller Leidenschaft und Bissigkeit ging der HSV nach dem Führungstor zu Werke. Das heißt, der HSV wollte so zu Werke gehen. Er hatte ja aus Elversberg gelernt. Und pomadig, langsam, behäbig und in Zeitlupe, das kann ja jeder. Das konnte der HSV in der vergangenen Saison auch gut, aber ist ja jetzt alles anders. Jetzt geht der HSV aggressiv und offensiv zu Werke.

Und der VfL Osnabrück schoss die Tore. Guilherme Ramos ließ sich beim 1:1 auf dem Bierdeckel austanzen, und irgendwie und irgendwo hatte Ludovit Reis bei einem Gegentor einen tollen Fehlpass fabriziert, obwohl das eigentlich gar nicht sein konnte – denn Reis spielte, wie schon in Elversberg, doch gar nicht erst mit. Wie alle anderen ebenfalls. Wie in Elversberg. Ich muss das eben nur schnell mal kopieren:


Laszlo Benes, Bakery Jatta, der gute Ludovit, Jean-Luc Dompe waren für mich Totalausfälle, und Ignace van der Brempt sowie Hadzikadunic spielten gar nicht erst mit, und Robert Glatzel war wenigstens noch in der Anfangsviertelstunde zu sehen, Jonas Meffert und Moritz Heyer liefen wenigstens noch mit – und die dann eingewechselten Männer? Grausam! Allesamt grausam!


Und? Was soll ich zu so einem desolaten HSV-Auftritt noch schreiben? Das ist doch Fußball zum Abgewöhnen. Amateurhaft. Ein fußballerischer Offenbarungseid. Erbärmlich ist das, lächerlich, ein großer Witz. Üben, üben, üben. Aber der HSV wird – schon in Hinblick auf das Heimspiel am Freitag gegen Düsseldorf – natürlich wieder viel gelernt haben in Osnabrück. Wie in und von Elversberg. Selbstverständlich. Und wird dann auch dementsprechend wieder seine Lehren daraus ziehen, ganz klar. Macht Euch keine Sorgen.


Tim Walter gab nach der Bankrotterklärung zu, dass seine Mannschaft „bodenlos schlecht" gewesen sei: „Alle waren schlecht - und ich werfe mir das auch vor. Das war ein gebrauchter Tag für uns." Was ich nicht sagen oder bestätigen kann: Seiner Flasche, die er in den 90 Minuten immer in Händen hält, hat er wieder total großartig den Hals zugedreht. Einwandfrei. Aber zurück zum Fußball: Gegen zwei bis dahin herzlich schwache Aufsteiger verfiel der HSV wieder in seine schlimmste Spielart, vorne wie hinten. In Halbzeit zwei, so viel nur zum Thema Aufbäumen, gab es keine einzige Hamburger Torchance. Erschütternd. Völlig desolat. Auch deshalb wirkte Torwart Daniel Heuer Fernandes in seinem Resümee total konsterniert: „Was hier in Osnabrück passiert ist, ist einfach nicht zu erklären. Nach der letzten Woche in Elversberg hätte uns klar sein sollen, um was es hier geht. Wir müssen die Dinge jetzt klar benennen, die Dinge, die schiefgehen, denn wir verlieren jedes Kopfballduell, auch jeden zweiten Ball, sind bei unseren Pässen viel zu ungenau." Passend dazu fügte Tim Walter noch an: „Das war nicht die Mannschaft, die ich kenne." Er meinte seine.


Zu sagen, dass er seine Mannschaft liebt, darauf hat er diesmal ganz verzichtet. Wie schade. Das hat er auch schon in Elversberg, fällt mir ein. Nichts war von der großen Liebe zu vernehmen. Bitter. Sollte er vielleicht mal wieder auf die Tagesordnung bringen. Ich hatte mich schon so dran gewöhnt. „Ich liebe euch alle, ich liebe die Fans, die sind einmalig, ich liebe meine Spieler, ich liebe diesen Verein über alles, ich bin so dankbar, dass ich bei diesem HSV arbeiten darf.“ Das klingt so schön verschmust. Einmalig. Obwohl das früher ja auch der Erich Mielke immer mal gesagt hat. Wenn der damals mal in Bedrängnis geraten ist. Mielke ist ja doch bekannt, oder? Ich schreibe das auch nur wegen der Liebe. Ich liebe euch alle. Ich Euch natürlich auch.


Äußerst erfreulich verlief ja für den FC St. Pauli der Neu-Start nach der Länderspiel-Pause. Am Millerntor konnte sich so mancher Fan (aus Kiel) wie im falschen Film vorgekommen sein. Connor Metcalfe mit einem Sonntagsschuss aus knapp 30 Metern in den Winkel – 1:0 für St. Pauli nach vier Minuten. Drei Minuten später das 2:0 - Erik Smith schoss einen Freistoß bilderbuchartig ins Tor – zweimal das „Tor des Monats“. „Nach acht Minuten hat St. Pauli zweimal aufs Tor geschossen, der Ball war zweimal im Winkel und wir liegen 0:2 hinten", fasste Holstein-Trainer Marcel Rapp die Anfangsphase seiner Störche zusammen. 5:1 siegte St. Pauli, und ein Tor schöner als das andere. Kiels Kapitän Sander resümierte: „Vier Traumtore von St. Pauli, solche Dinger schießt du nicht jedes Wochenende.“ Kurios: Statistisch Zuspruch hatte sich St. Pauli mit 0,96 Expected Goals (xG) einen geringeren Wert erspielt, als die Kieler, die es auf 1,34 xG gebracht hatten. Soll heißen oder erklären: Holstein Kiel hatte in Hamburg eigentlich die besseren Tormöglichkeiten. Wahnsinn.


St. Pauli hatte zuvor ja viermal unentschieden gespielt, und dann fiel vor dem Kiel-Spiel ausgerechnet noch Kapitän Jackson Irvine (Außenbandriss im Sprunggelenk) aus. Und auch Manolis Saliakas fehlte erkrankt. Und dennoch lief es wie geschmiert. Ich muss ehrlich und ernsthaft gestehen: Seit dem Trainerwechsel von Timo Schultz zu Fabian Hürzeler ist St. Pauli nicht wiederzuerkennen, spielt der FC St. Pauli wirklich einen großartigen Fußball, steht hinten sehr, sehr gut, spielt meistens schnell nach vorne, ist vorne trickreich und wendig – und alle sind sie ballsicher. Das macht richtig Spaß, diese Kiez-Kicker FUSSBALL SPIELEN zu sehen. Andere Vereine der Zweiten Liga stümpern und stolpern geradezu über den Rasen. . .


Auch gegen Schalke 04 zeigte sich St. Pauli wieder von der besten Seite. Eine völlig überlegene erste Halbzeit, die leider nur 1:1 endete, und dann gab es einige Minuten, ich will diese Zeitspanne mal auf 15 Minuten festklopfen, in denen es nicht so gut lief. Das war die Zeit nach dem erneuten Führungstor von Marcel Hartel, der ja bekanntlich doppelt traf. Und auch, das mal vorweg, ein überragendes Spiel bot. Nach diesem Tor zum 2:1 hatte Schalke dann aber drei Hundertprozentige! Es hätte eigentlich 2:2 stehen müssen. Aber dann berappelten sich die Braunen wieder und spielten das wie in einem Guss runter. Ich muss es schwärmerisch sagen – das war traumhaft. Und wer diese Art des Fußballs nicht liebt, nur weil es der Konkurrent des „großen“ Teams aus dem Volkspark ist, dem ist wirklich nicht zu helfen. Ich gehe so weit, dass ich behaupte, dass St. Pauli derzeit den besten Zweitliga-Fußball in Deutschland spielt. Einfach nur großartig.


Kein Wort mehr werde ich über die „Torwart-Daddelei“ verlieren, aber gratulieren muss ich den Verantwortlichen vom Millerntor nur immer wieder. Dass sie die Lücke „Jakov Medic“ in weiser Voraussicht mit dem Kieler Hauke Wahl geschlossen hatten und haben, ist absolut profihaft und – sensationell. Eine Dreierkette mit Wahl, Eric Smith und Karol Mets ist fast (schon) so gut wie vorher die Dreierkette mit Medic, Smith und Mets. Auch wenn es hin und wieder einmal kleine Schwankungen gibt. So wie zum Beispiel bei den Schalker Groß-Chancen, als der Ball fast lässig durch die Mitte der St.-Pauli-Defensive gespielt wurde. Das darf in dieser Form eigentlich nicht passieren. Zum Glück spielten Saliakas und auch Nikola Vasilj großartig mit und bügelten so die Stellungsfehler der „großen Drei“ noch in letzter Sekunde aus.


Womit ich schon bei einer kleinen Einzelkritik bin. Vasilj bekommt (Schul-)Note zwei von mir, Wahl, Smith und Mets geschlossen eine gute Drei, Saliakas und Lars Ritzka auf den Außenbahnen ebenso: Drei. Hartel erhält eine glatte Eins, Connor Metcalf als Irvine-Vertreter eine Vier. Vorne hat Oladapo Afolayan offenbar durch seinen Treffer gegen Kiel sehr an Selbstvertrauen gewonnen, er nähert sich seiner Form, die er in seiner ersten St.-Pauli-Zeit hatte: Zwei! Johannes Eggestein ist in der Sturmmitte enorm fleißig, wenn auch noch glücklos. Dennoch erfüllt er seine Aufgabe, er gibt läuferisch und kämpferisch alles, beschäftigt die Abwehr, indem er hin und her wuselt – die Abwehr des Gegners kann sich nicht erlauben, ihn aus den Augen zu lassen. Und wenn Eggestein dann am Ende (oder fast am Ende) seiner Kräfte ist, kommt mit dem „Brocken“ Andreas Albers eben einer, der den Gegnern auch schön beschäftigen kann. Oder könnte. Gegen Kiel klappte das noch besser als jetzt gegen Schalke. Nur sollt der Däne auch endlich einmal zeigen, dass er ein guter Fußballer und ein gefährlicher Stürmer sein kann. Albers bekommt nur Note vier. Zwei Noten besser ist in meinen Augen Elias Saad. Auch wenn der regelmäßig früher auf die Ersatzbank „darf“ – oder muss. Schade, schade denke ich jedes Mal, wenn er runter muss, aber Hürzeler wird wissen, was er macht, wahrscheinlich ist Saad dann tatsächlich kurz vor „Reserve“ und kann nicht mehr allzu viel zusetzen. Was der Tunesier allerdings in den 83 Minuten, in denen er „durfte“, gezeigt hat, ist wirklich super. Wie er den Ball hält, wie er ihn annimmt, wie er geschmeidig dribbelt, wie er schießt – eine Augenweide. Klasse! Ich gehe sogar soweit: Elias Saad wäre für mich in diesem Jahr 2023 der „Fußballer des Jahres“ in der Hansestadt. Von null auf fast 100 innerhalb von ein paar Wochen. Er macht das wirklich großartig, und wenn er mit beiden Beinen auf dem Boden bleibt, dann steht er gewiss noch vor einer ganz großartigen Zukunft als Fußball-Profi, dann ist er noch lange nicht an seinem Limit. Zur Erinnerung: Elias Saad kam für ‚nen Appel und ‚nen Ei“ in diesem Jahr im Januar von Regionalliga-Klub Eintracht Norderstedt ans Millerntor. Einen solchen Transfer hätte es bei dem anderen Hamburger Zweitliga-Vertreter doch nie gegeben, weil da ja jede Neuerwerbung mindestens eine, zwei oder drei oder noch mehr Millionen an Euros kosten muss. Unter dem geht da gar nichts.


Um St. Pauli noch kurz (noten-technisch) abzurunden: Die neben Albers noch eingewechselten Spieler spielten munter mit. Das waren mit jeweils einer Note drei Etienne Amenyido und David Nemeth sowie Carlo Boukhalfa. Letzterer schoss noch das so wichtige 3:1 (das Platz-zwei-Tor), wobei er natürlich Glück hatte, dass sein Schuss noch abgefälscht wurde – für mich deshalb eigentlich eher ein Eigentor. Bei Boukhalfa habe ich den Eindruck, dass er eigentlich so viel mehr könnte, aber dass er körperlich einfach nicht so richtig auf 100 Prozent kommt. Der Mann könnte in meinen Augen Bäume ausreißen, ist groß, hat einen sehr guten Körper, kann gut und auch teilweise elegant mit dem Ball umgehen, hat auch den Blick für den Nebenmann – aber irgendwie platzt bei ihm der Knoten nicht. Oder vielleicht auch nur noch nicht. Vielleicht kriegt ihn ja aber noch der gute Fabian Hürzeler noch hin – der junge (Erfolgs-)Trainer hat doch schon so vieles so großartig hinbekommen.


Ein Wort noch zu den äußeren „Bedingungen“. Die St.-Pauli-Fans haben (wieder einmal) reichlich Pyro-Zeug verbrannt – herrlich. Sah richtig toll aus. War auch total ungefährlich, natürlich. Und kostet dem Verein nicht einen Pfennig. Weil es Pfennige ja auch gar nicht mehr gibt. Aber dass diese, ich nenne sie mal dusseligen, Fans dem Verein, den sie so lieben, immer wieder die Dollars aus der Tasche ziehen, ist einfach nicht zu glauben. Was könnte St. Pauli eigentlich noch (mehr) anstellen, wenn der Verein noch ein wenig mehr Geld hätte? Aber so weit können diese netten Damen und Herren der Pyro-Front wahrscheinlich nicht denken. Haut rein ist Tango! Schade allerdings. Sehr, sehr schade. Aber sah sehr schön aus! Hat sicherlich auch der DFB gedacht. Und was so schön aussieht, kostet dann auch immer etwas mehr. Gratulation.


So, nun habe ich die Länderspiel-Pause aufgearbeitet, habt noch eine gute und erfolgreiche Woche, genießt das gute Herbst-Wetter – und den Hamburger Zweitliga-Fußball. Sucht Euch das Beste raus – und bleibt gesund.


Dieter Matz








Dieter Matz - Der Blog

Folge 27/2023

Online seit 04.09.2023 


Deutscher Meister wird nur der HSV, nur der HSV, nur der HSV! Na gut, Meister vielleicht nicht, aber aufsteigen wird er. 2024 wird es den Aufstieg geben. Davon bin ich restlos überzeugt. Restlos. 2:0 gegen den bisherigen Tabellenzweiten Hansa Rostock, dabei einen viel höheren Sieg noch ausgelassen – wer will diesen HSV denn stoppen? Gegen die „Kogge“ hätte es eigentlich nach 90 Minuten und Nachspielzeit 5:1oder 6:1 stehen können, aber im Sinne der Verantwortlichen liegt es wohl, dass auch ein 2:0-Sieg reicht. Für mich haben die vielen Wechsel in Halbzeit zwei diesmal ihre Wirkung verfehlt, das heißt, Wirkung haben sie gezeigt – denn irgendwie gab es einen kleinen Bruch im Spiel des HSV, als Bakery Jatta, Jean-Luc Dompe, dann auch Robert Glatzel, Laszlo Benes und ganz zum Schluss auch noch Ludovit Reis zwecks Schonung vom Rasen gehen mussten. Und trotz allem gab im Laufe der zweiten Halbzeit ja noch genug hochprozentige Tormöglichkeiten: Dompe verstolperte aus einem Meter das eigentlich fällige 3:0 (50.), Glatzel ballerte mit links an die Querlatte (69.), und der eingewechselte Levin Öztunali drosch die Kugel freistehend aus elf Metern in die Wolken – den Ball suchen sie morgen noch. Immerhin, und das ist nicht ganz unwichtig, spielte der HSV zum dritten Mal in Folge zu null. Es geht doch!



Für den rot-gesperrten Guilherme Ramos rückte der lange verletzt fehlende Sebastian Schonlau wieder in die Start-Formation, und Benes, der zuletzt erkrankt gepasst hatte, war wieder von Beginn an dabei, für ihn musste Ransford-Yeboah Königsdörffer auf die Bank. Von Beginn an – sahen die meisten gar nichts. Pyro-Alarm in der Hansa-Ecke, das Spielfeld total vernebelt. Wie toll das aussah! Super schön. So stellt „Mann“ sich ja ein Fußballspiel vor. Traumhaft. Und so wunderschön farbig. Und so tolle Luft zum Atmen! Nein, nein, einfach nur super. Naherholungsgebiet Volkspark! Aber warum der so sensationelle Spuk so schnell vorbei war, konnte ich nicht nachvollziehen, es wäre doch viel, viel schöner, wenn alle Zuschauer 90 Minuten plus Nachspielzeit nichts von dem, was da unten auf dem Rasen passiert, sehen würden. Ich würde den Vereinen auch dringend empfehlen, jedem Besucher, der das Stadion betritt, so eine kleine Nebelkerze in die Hand zu drücken, damit alle zu ihrem Recht kommen und ihren Spaß haben.


Wie bescheuert muss man eigentlich sein, so etwas Blödes zu inszenieren? Null Birne, diese Jungs, wirklich null Birne.


Nach drei Minuten und 44 Sekunden, so „Sky“ später, wurde das unterbrochene Spiel fortgesetzt. Und als die Partie nach 45 Minuten eigentlich mit dem Halbzeitpfiff beendet gewesen wäre, da zeigte Schiedsrichter Benjamin Brand doch tatsächlich fünf Minuten Nachspielzeit an. Fünf Minuten! Viel zu viel. Sagten alle diejenigen, die es mit Hansa hielten (und halten). Auch die Jungs, die draußen an der oder auf der Bank ihre Arbeit verrichteten. Viel zu viel? Ich sage, viel zu wenig! Solche bescheuerten Nebel-Aktionen, die auch noch übelst riechen, müssten viel länger bestraft werden. Zehn Minuten! Aber zum Glück schaffte der HSV, der phasenweise sehr wohl ohne das bislang in dieser Saison schon gezeigte Tempo spielte (!), ja noch mit Ablauf der fünften Nachspiel-Minute das 1:0. Zum Glück! Rostock wollte nur mit 0:0 in die Pause, spielte oft schon auf Zeit, war gar nicht groß daran interessiert, Fußball zu spielen – und wurde dann doch noch ausgekontert! Herrlich.


Miro Muheim bemächtigte sich im HSV-Strafraum des Balles, bediente Jatta, der lenkte wunderbar weiter zu Benes, und der sah links den sprintenden Dompe. Der lief bis auf Höhe Hansa. Strafraum mit der Kugel am Fuß, spielte zu Reis, der umkurvte den grätschenden Rostocker Ingelsson und schoss aus 14 Metern in die kurze Ecke – Tor! So geht das. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Torwart Kolke den Ball hätte halten müssen – oder können. Die kurze Ecke ist sein Ding.


Gleich nach dem Seitenwechsel dann die Vorentscheidung. Reis sah zentral den freistehenden Benes, der zog mit links aus 19 Metern ab – flach rauschte der Ball – wieder nicht ganz unhaltbar – ins Netz. Auch deshalb, weil der von links eigentlich angreifende Rostocker Abwehrspieler nicht angriff, sondern stehenblieb. Der Rostocker Abwehrspieler war übrigens Jonas David. Den hat der HSV für eine Saison an die Ostsee ausgeliehen. Was mich schon ein wenig wundert, weil Trainer Tim Walter doch immer Wunder was von und über David verkündet hatte. Ich bin aber seit dem Treffen in der Buxtehuder Strandkorb-Manufaktur (mit Carsten Kober) darüber aufgeklärt, wie die meisten von Euch denken: Walter hatte keine andere Möglichkeit, als immer wieder David aufzustellen (und zu loben), weil er keinen anderen Innenverteidiger mehr hatte – nach dem Ausfall von Mario Vuskovic. Ich sehe das zwar etwas anders, füge mich aber Euren Ausführungen. David hatte in meinen Augen so viele Fehler in seinem Spiel, das hätte jeder andere – zum Abwehrmann umfunktionierte Nebenmann viel besser hinbekommen. Selbstverständlich aber ist das Ansichtssache – ich respektiere Euch. Alle.


Nach dem 2:0 gab es bald die ersten Wechsel, und die verfehlten etwas (mehr) ihre positive Wirkung. Zweimal noch hätte Rostock herankommen können: Pröger stand in der 53. Minute allein vor Daniel Heuer Fernandes, aber der HSV-Torwart war blitzschnell draußen, verkürzte den Winkel und vereitelte so das 1:2. Und in der 80. Minute schoss der eingewechselte Rostocker Christian Kinsombi aus ganz spitzem Winkel von links auf das kurze Eck, doch dort stand Heuer Fernandes goldrichtig und konnte es selbst nicht fassen, dass er diesen Schuss, obwohl getunnelt, doch noch irgendwie abgewehrt hatte.


17:7 Torschüsse sprachen nach diesem Spiel für die Überlegenheit des HSV. Dass sich die Rostocker darüber mokierten, dass der Schiedsrichter die Halbzeit eins um fünf Minuten verlängert hatte – lächerlich. Der Sieg war klar verdient, absolut verdient, fiel viel zu knapp aus. Aber egal, der HSV geht als Tabellenführer in diese (für mich überflüssige, aber ja auch unabänderliche) Länderspiel-Pause, um danach erst in Elversberg und in Osnabrück anzutreten. Danach kommt dann das Heimspiel gegen die starken Düsseldorfer – bestimmt wieder vor 57 000 Zuschauern im ausverkauften Volkspark. Dieses „Ausverkauft!“ gab es nun gegen Rostock zum elften Mal in Folge, es brummt in der Vereinskasse! Auch wohl deshalb konnte sich der HSV noch mit dem polnischen U21-Nationalspieler Lukasz Poreba verstärken. Der 23-Jährige wurde vom RC Lens ausgeliehen, es gibt auch eine Kaufoption. Der Mittelfeldspieler, der vornehmlich auf der „Sechs“ spielt, kommt ursprünglich von Zaglebie Lubin und soll offenbar dann „einspringen“ wenn Jonas Meffert mal nicht kann – oder schwächelt.


Meffert aber, um zur Einzelkritik nach dem Rostock-Spiel zu kommen, schwächelte keineswegs, sondern spielte zuverlässig und konzentriert wie immer. Das gilt auch für Nebenmann Reis, der immer besser in Form kommt und schon wieder eine absolute Stütze war. Ganz hinten wurde Heuer Fernandes lediglich dreimal hart geprüft, der Keeper zeigte sich stets voll auf der Höhe. Ignace van der Brempt war hinten rechts ein Pluspunkt, marschierte auch immer fleißig mit nach vorn und leistete sich kaum mal einen Fehler – von seiner Gelben Karte, die er wegen Festhaltens kassierte, einmal abgesehen. Hinten links knüpfte Muheim an seine guten Vorstellung aus den letzten Spielen an, und in der Mitte war Dennis Hadzikadunic und Kapitän Schonlau fast unüberwindbar. Hadzikadunic wird immer besser, spielte so gut wie fehlerfrei, Schonlau, das muss ich zugeben, hätte ich nach der langen Zwangspause nicht auf Anhieb eine solch gute Leistung zugetraut. Man lernt ja nie aus. . .

Benes schoss nicht nur bereits seinen fünften Saisontreffer, sondern hatte viele, viele gute und ideenreiche Szene, so auch vor dem vielleicht schon entscheidenden 1:0. Jatta blieb in meinen Augen blass, er spielte mir zu oft zurück, wenn er schon auf Höhe des Rostocker Strafraum war. Glatzel war in dieser Saison schon wesentlich besser, er blieb blass und spielte vielleicht sein magerstes Spiel dieser Saison. Dompe zeigte mitunter seine Klasse, er kann ja so viel – mir wird er noch viel zu wenig mit in das HSV-Spiel einbezogen, denn er könnte eine so enorm gefährliche Waffe sein. Die eingewechselten Spieler Königsdörffer, Öztunali, Andras Nemeth und Moritz Heyer (kam erst 90+2.) blieben hinter (meinen) Erwartungen, lediglich Immanuel Pherai zeigte gute und sogar sehr gute Ansätze, ihn sehe ich schon sehr bald wieder in der Startformation. Ein „Muss“ für mich, der Bursche ist einfach super und an guten Tagen kaum zu bremsen.


Bereits am Freitag hatte der FC St. Pauli gegen seine Torflaute und um drei Punkte gegen die Eintracht in Braunschweig gespielt. 1:1 hieß es am Ende, wieder mal ein Tor, aber erneut kein Dreier! Das ist bitter, denn die Braunen waren an der Hamburger Straße durchweg überlegen. In Halbzeit zwei schossen die Niedersachsen lediglich einmal auf das St.-Pauli-Tor, das war in der 80. Minute – und das war das 1:1. Leider. Ganz bitter, ein solcher Verlauf. „Wir müssen daraus lernen", sagte Trainer Fabian Hürzeler ein wenig – oder ein wenig mehr – geknickt und ergänzte fast trotzig: „Und wir werden auch hoffentlich daraus lernen." Ich hoffe das auch. Zum Glück kann St. Pauli nun vor dem nächsten Spiel, das am 17. September daheim gegen Holstein Kiel stattfinden wird, ein wenig länger üben. Und seinen neuen Stürmer, den 32-jährigen Simon Zoller (kommt vom VfL Bochum, sollte eigentlich zur Düsseldorfer Fortuna) schon auf das Millerntor vorbereiten und einstellen. Und ihn auch auf das „unaufhörliche“ Toreschießen aufmerksam machen, das von ihm wohl ab sofort erwartet wird.











Für mich steht fest: St. Pauli hat in Braunschweig den Sieg verschenkt. Fest aber weiterhin: St. Pauli hat auch bei diesem Unentschieden wieder guten Fußball geboten, denn: Braunschweig stand mit Mann und Maus vor dem eigenen Strafraum. St. Paulis Angriffsbemühungen wurden meistens erst zehn Meter hinter der Mittellinie attackiert, erst dort wehrte sich die Eintracht. Riegel-Rudi (Gutendorf) hätte seine Freude an diesem Beton-Fußball gehabt. Gegen einen so mauernden Gegner hat es wohl jede Mannschaft schwer, und St. Pauli ganz besonders – wegen der bisherigen Torflaute. Da geht doch kein Spieler dann voller Selbstbewusstsein zur Sache und stürmt auf Teufel komm raus. Und trotzdem gelang es den Kiez-Kickern immer wieder mal, sich gefährlich bis an oder sogar in den Eintracht-Strafraum zu kombinieren. Das sah nach Fußball aus, wie sich St. Pauli immer wieder durch dieses engmaschige Abwehrnetz spielte – oder spielen wollte. Große oder gute Tormöglichkeiten konnten sich die Braunen allerdings im ersten Durchgang kaum erarbeiten. Es gab Chancen, eindeutig, aber die gab es auch für die Braunschweiger.



In der 59. Minute dann die Erlösung aus Hamburger Sicht. Jackson Irvine flankte hoch von rechts in den Eintracht-Strafraum, allerdings am Tor vorbei, aber genau dort lauerte Elias Saad. Der Dribbelkünstler nahm die Kugel perfekt an, dribbelte sich Richtung Strafraummitte durch – und schoss. Er schoss aus 14 Metern durch die Beine des Braunschweigers Wiebe und platzierte den Ball ins kurze Eck, Keeper Hoffmann streckte sich vergeblich. Endlich ein St.-Pauli-Tor. Der Jubel war riesig. Leider aber blieb dieser Jubel einmalig. Es folgte kein weiterer Treffer für Hürzelers Mannen. Marcel Hartel vergab eine gute Möglichkeit (78.), eine Minute später parierte Hoffmann einen prächtigen Saad-Schuss, und bereits vorher hätte es einen Elfmeter für St. Pauli geben können (müssen?), als Scott Banks gefoult worden war.



Dann die 80. Minute. Einen langen Ball in den St.-Pauli-Strafraum köpfte Karol Mets, von Gegenspieler Ujah hart bedrängt, nur unzureichend nach vorne. Genau dort aber lauerte der erst in der 77. Minute (!) eingewechselte Helgason, und der traf den Ball perfekt – unhaltbar für Nikola Vasilj, drin das Ding. Dieses 1:1 fühlte sich für mich wie eine Niederlage an. Wobei St. Pauli irgendwie noch ein Quäntchen Glück hatte, denn in der Nachspielzeit klärte Connor Metcalfe im Strafraum gegen den dann fallenden Krauße, und es roch in Minute 90+2 ganz kurz noch nach Elfmeter. Im Kölner Keller um „Chef“ Patrick Hanslbauer wurde geprüft, der mich nicht überzeugende Schiedsrichter Florian Lechner prüfte im Stadion auch mit – und alle kamen zu dem Schluss: kein Strafstoß. Und Schluss. Braunschweig feierte dieses Unentschieden wie einen Sieg. Und St. Pauli? Bleibt nach dem fünften Spieltag weiter ungeschlagen, aber zum Feiern war niemandem zu Mute. Natürlich nicht.



Mir fällt es nun schwer, gebe ich zu, eine Einzelkritik in Sachen St. Pauli „anzufertigen“. Irgendwie ist meine Enttäuschung über dieses unbefriedigende Resultat etwas hinderlich dabei. Ich versuche es trotzdem: Im Tor hatte Vasilj einen ganz ruhigen Abend, er wurde selten einmal hart geprüft, hielt aber immer fast lässig alles – bis auf dieses unhaltbare 1:1. Hauke Wahl, Eric Smith und Karol Mets hatten kaum einmal echte Probleme mit den Braunschweiger Angreifern, Mets gefiel mir deshalb gut, weil er mutig viele lange Bälle spielte, von denen viele tatsächlich ankamen. Manolis Saliakas spielte solide, kann es, oder könnte es, ich schreibe es nun immer und immer wieder, aber viel besser – vor allem das Spiel nach vorne. Lars Ritzka war hinten okay, arbeitete aber auch gut mit nach vorne, könnte dort aber effektiver sein.



Das gilt irgendwie auch für die Mittelfeld-Strategen Irvine und Marcel Hartel. Beide waren in der vergangenen Saison wesentlich stärker und auch bestimmender. Irvine, der zuletzt gegen Magdeburg (0:0) gleich etliche Groß-Chancen vergeben hatte, blieb diesmal ohne Möglichkeit, und Hartel vergab eine sehr gute Chance – die er eigentlich macht, wenn er in Form ist. Was mich ein wenig störte: Als er in der 78. Minute das 2:0 ausließ, drehte er um und lief zurück ins Mittelfeld, als wäre nichts geschehen. Mich würde es besser erreichen, wenn er sich nach einer solchen Chance gleich in den Rasen einbuddeln wollte, wenn er sich ärgern, ärgern und ärgern würde. Um es dann beim nächsten Mal konzentrierter und besser machen zu wollen. Aber da ist jeder Spieler eben auch anders aufgestellt.



Und ganz vorne? Der lebhafteste Angreifer war Saad, auch wenn ihm nicht alles gelang. Ihm gelang aber immerhin viel mehr, als seinen eher blassen Nebenleuten Oladapo Afoyalan und Andreas Albers. Auch deshalb beginnt nun das große Warten auf Simon Zoller. Von den (sehr spät) eingewechselten Spielern (Metcalfe, Danel Sinani, Philipp Treu und Banks) konnte sich keiner mehr nach vorne oder noch in den Blickpunkt spielen. Viel Pech entwickelte allerdings Scott Banks, der in der 78. Minute kam und nach zwölf Minuten wieder vom Feld musste – er hatte sich bei einem Foul-Versuch (ein taktisches Foul) das Kreuzband gerissen und fällt nun mindestens ein halbes Jahr lang aus.



Anzumerken bleibt mir noch, dass die St.-Pauli-Fans diesmal eine besondere Rolle spielten. Aus Protest gegen die zu hohen Eintrittspreise (oder auch die Top-Spiel-Zuschläge) kamen sie diesmal bewusst zu spät ins Stadion – und sie hatten Tennisbälle mitgebracht, die sie zu Beginn der zweiten Halbzeit auf den Rasen warfen. Eine nette Art des Protestes, ich drücke die Daumen, dass das etwas bewirken wird – allein mir fehlt der Glaube.



Der Glaube fehlt mir auch, und damit komme ich schnell noch zum ganz großen Fußball, in Sachen DFB. Beim Deutschen Fußball-Bund ist Hannes Wolf, der einst sogar einmal den HSV trainiert hat (wer aber hat das noch nicht?), DFB-Direktor für die Nachwuchsarbeit geworden. Beim Sport1-Doppelpass vor einer Woche durfte Wolf fast im Alleingang seine Vorstellungen, wie er in Zukunft arbeiten will und wird, in aller Ausführlichkeit schildern. Fast stundenlang. Ich habe dabei, gebe ich zu, abgeschaltet. Habe aber noch mitbekommen, dass bei Sport1 die Frage gestellt wurde: „Herr Wolf, ist Ihnen bewusst, dass Sie den deutschen Fußball retten müssen?“


Eigentlich möchte ich nach einer solchen üblen Frage aufhören, weiter zu schreiben. Wolf soll den deutschen Fußball retten. Herrje, so weit ist es nun schon gekommen. Ich würde auch darum bitten, dass Männer wie Daniel Thioune, Mirko Slomka, Joe Zinnbauer oder auch Thorsten Fink, eventuell auch noch der Niederländer Bert van Marwijk, DFB-Direktoren werden, um auch noch als Retter für den deutschen Fußball einzuspringen und in die Geschichte einzugehen. Toll wäre aber auch Mario Basler, doch der ist wohl ein wenig zu teuer. . . Armer deutscher Fußball – möchte ich nur sagen (schreiben), armer deutscher Fußball. Der muss sicherlich vor dem Untergang gerettet werden, nur von wem, das ist hier die Frage. Dass unser Bundes-Hansi (Flick) nun für die Länderspiele gegen Japan und Frankreich Niklas Süle zurückgeholt hat, spricht nicht für eine unmittelbar bevorstehende Rettung. Obwohl es immerhin einige Achtungszeichen gibt: Die Leipziger Rückwärts-Raum und Werner fehlen, und auch Dortmunds Wolf. Das ist ein Anfang. Mehr aber noch nicht.




Wobei ich noch schnell einen Satz über die Borussia aus Dortmund verlieren möchte - oder muss. 2:2 gegen Aufsteiger Heidenheim, und das zu Hause, vor der gelben Wand. Erbärmlich. Was da in Dortmund im Monat an Geld ab- und rausgeschleppt wird – und dann solche Leistungen; grausam. Ein äußerst schmeichelhafter 1:0-Sieg am ersten Spieltag gegen bessere Kölner, ein 1:1 in Spiel zwei gegen Bochum, und nun das 2:2 gegen Kleindienst und Co – schlechter geht es doch gar nicht mehr. Das ist ein absolutes Debakel. Aber mit Süle, Julian Brandt, Felix Nmecha und Nico Schlotterbeck sind ja noch genügend Dortmunder im DFB-Kader, um den deutschen Fußball zu retten. Fehlen für mich nur noch Mats Hummels und Marco Reus. Aber die kommen wohl erst dann zurück, wenn Thomas Müller wieder eingeladen wird.


Gute Nacht.


Ich wünsche Euch eine schöne und erfolgreiche neue Woche, bleibt gesund. Und ich lege nun erst einmal aus technischen Gründen eine kleine Pause ein, es geht erst Anfang Oktober hier und an dieser Stelle wieder weiter.


Dieter Matz







Dieter Matz - Der Blog

Folge 26/2023

Online seit 28.08.2023 


Glück? Muss man sich erarbeiten. Besagt ja ein Sprichwort. Und Jürgen Wegmann, die frühere und erste „Kobra“ in der Bundesliga, hat einmal tiefgründig erfunden: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech hinzu.“ An den Fußball-Philosophen muss ich seit diesem Wochenende verstärkt denken. Der HSV nämlich hat sich erst Glück erarbeitet, und dann glücklich gewonnen. Von Pech war bei dem 1:0-Sieg bei Hannover 96 keine Rede. Und dann am Sonntag der FC St. Pauli. Die dritte Nullnummer in Folge – 0:0 gegen Magdeburg. Das ist bitter. 27:5 Torschüsse hatten die Braunen in diesem Spiel vorzuweisen, und erst hatten sie mit ihren Schüssen kein Glück, und dann kam auch noch viel Pech hinzu. Wobei das nur die halbe Wahrheit ist. Die Mannschaft von Christian Titz, also Magdeburg, hatte in Halbzeit zwei in der 70. Minute eine riesige Doppel-Chance. Erst hielt St.-Pauli-Keeper Nikola Vasilj gegen Castaignos, dann schoss Magdeburgs Schuler freistehend im Nachschuss am leeren Tor daneben – das war eine fast hundertprozentige Möglichkeit. Und viel Glück für St. Pauli. Bei 27 Torschüssen war aber sicher auch einiges an Pech im Spiel der Kiez-Kicker, die zwar ungeschlagen bleiben, aber nun auf Rang neun abgerutscht sind. Hoffentlich nur eine Moment-Aufnahme.


Der HSV begann in Hannover gegen das bis dahin noch unbesiegte 96-Team gut, aber nach zehn Minuten übernahmen die Niedersachsen das Kommando. Und ab diesem Zeitpunkt musste ein jeder Fan der Rosthosen doch ein wenig Angst um seine Mannschaft, die ohne Laszlo Benes auskommen musste (war eine Woche erkältet, dann verzichtete er selbst auf eine Aufstellung). Weiter fehlte auch Neuzugang Immanuel Pherai, sein Ausfall ist sicher ein Verlust für den HSV. Für Benes rückte Ransford-Yeboah Königsdörffer ins Team, aber nicht Neuzugang Levin Öztunali. Der Enkel von Uwe Seeler wird ein wenig (oder ein wenig mehr) kämpfen und beißen müssen, um mal wieder von Beginn an zu spielen. Ich tippe darauf, dass sich das noch lange hinziehen wird, bevor er einen Stammplatz für sich reklamieren oder beanspruchen kann. Ob das noch dieses Jahr der Fall sein wird? Ich habe da doch meine leisen Zweifel.


Nach 30 Minuten fand dann der HSV allmählich wieder ins und zu seinem Spiel. Und hätte, obwohl die Partie dann ausgeglichen verlief, durchaus in Führung gehen können, aber Robert Glatzel (Neumann rettete auf der Torlinie), Ludevit Reis, Jean-Luc Dompe und vor allem Königsdörffer (Kopfball, 36.) ließen gute Chancen ungenutzt. 96 kam vornehmlich über die links Seite gefährlich vor das HSV-Tor, denn Verteidiger Ignace van der Brempt hatte große und größte Probleme mit Gegenspieler Derrick Köhn, der einst auch für den HSV (die Zweite) gespielt hat. Dass Hannover dann im zweiten Durchgang nicht weiter über links spielte, sondern fast nur noch über die rechte Angriffsseite, das war für mich irgendwie unverständlich – aber ganz gewiss auch glücklich für den HSV.


Etwas unglücklich aber verlief eine Szene in der 53. Minute für die Rothosen. Bei einem Konter der Hannoveraner riss oder zupfte der bis dahin beste Hamburger, Guilherme Ramos, am Trikot des jungen Gegenspielers Tresoldi, und der Stürmer geriet ins Straucheln und fiel – Schiedsrichter Tobias Reichel zog sofort die Rote Karte: Notbremse. Eine durchaus vertretbare Entscheidung, aber für mich dennoch ein wenig zu hart. Aber was soll ich klagen, ich habe damit ja absolut nichts zu tun. HSV-Coach Tim Walter wechselte danach Dompe aus und brachte Abwehrspieler Stephan Ambrosius. Ein sehr gute Entscheidung. Aber auch eine Entscheidung, die von Sky-Kommentator Torsten Mattuschka ein wenig kritisiert wurde. Für mich aber lag Walter genau richtig. Dompe arbeitet nämlich im Gegensatz zu Bakery Jatta kaum einmal (wirkungsvoll) mit nach hinten, und Jatta war in meinen Augen ganz bestimmt sehr gut im Spiel, sehr, sehr gut sogar. Das habe ich anders als der gute „Tusche“ gesehen; der hatte Dompe besser als Jatta gesehen – in meinen Augen ein kleiner Fehler des Sky-Experten.



Und Walter hatte ja mit diesem Wechsel auch aus einem anderen Grund ein überaus glückliches Händchen, denn Jatta schoss den 1:0-Sieg heraus. Das war in der 69. Minute: Van der Brempt flankte von rechts hoch in den 96-Strafraum, dort bemächtigte sich Glatzel fast schon akrobatisch des Balles, scheiterte im Dribbling zunächst an Keeper Zieler, doch dann passte der „Bobby“ die Kugel zum an der Strafraumgrenze lauernden Reis, der den heranstürmenden Jatta bediente – den Schuss aus 16,5 Metern hätte kein Torwart der Welt gehalten – vermute ich mal. Ich ziehe den Hut vor Jatta, mit dem ich hier schon sehr oft sehr kritisch umgegangen bin. Gegen Hertha BSC und jetzt in Hannover war Jatta aber wahrlich in bestechender Form, so ist er aus der Mannschaft gar nicht mehr wegzudenken. Und Tim Walter lobte später: „Wir haben jetzt einen neuen Torjäger. . .“ Kompliment, Herr Jatta, das waren zwei absolute Spitzen-Leistungen hintereinander, weiter so!


Hannover stellte sich im Spiel „elf gegen zehn“ dann aber auch ein wenig amateurhaft an, hatte nur noch eine gute Tormöglichkeit, als Tresoldi die Querlatte des HSV-Gehäuses traf. Ansonsten drohte dem Zweitliga-Tabellenführer aber kaum noch ein Tor der Niedersachsen. Das haben die Walter-Jünglinge absolut clever und erstklassig verteidigt. „Wer solche Spiele gewinnt, der steigt auch auf.“ So war es bei Sky – von wem auch immer - nach dem Schlusspfiff zu vernehmen. Mag sein. Aber noch ist es ja viel zu früh, jetzt, im August, von einem Aufstieg zu reden oder zu schreiben. Es läuft gut beim und für den HSV, das stimmt, so kann es auch ruhig bleiben, aber es sind ja noch ganze 30 Spiel zu absolvieren.



Deswegen hielt Tim Walter auch den Ball recht flach, als er bestens gelaunt über den 1:0-Sieg sprach: „Man sieht, dass wir eine Mannschaft sind. Das Spiel war bis zum Platzverweis ausgeglichen, Hannover hat sehr gut gespielt. Aber wir haben gut verteidigt, ich bin sehr zufrieden mit dem Team. Dennoch gibt es noch einige Dinge, die wir verbessern müssen, und daran werden wir ab morgen weiter arbeiten.“ Insgesamt stellte Walter auch fest: „Wir haben uns qualitativ verbessert, wir haben zu dieser Saison an Qualität dazugewonnen, und es ist schön, dass wir nun eine solche Breite und Tiefe im Kader haben.“ Das stimmt haargenau. Torwart Daniel Heuer Fernandes schlug in dieselbe Kerbe: „Wir haben zu dieser Saison neue Leute dazu bekommen, und die sind einfach auch geil auf‘s Verteidigen!“ Auch das stimmt hundertprozentig. Dennis Hadzikadunic hat mit dem Spiel in Hannover einen Schritt nach vorne getan, wirkte auf mich schon wieder stabiler als in den vorangegangenen Spielen. Ramos war bis zu seinem Platzverweis in meinen Augen diesmal fehlerfrei – und überragend! Van der Brempt hatte, wie bereits geschrieben, riesige Probleme, konnte sich aber in Halbzeit zwei leicht steigern. Und Miro Muheim hinten links spielte erneut eine gute Partie, marschierte rauf und runter und verausgabte sich (im Dienste der Mannschaft) völlig. Er ist von seiner Position im Moment nicht zu verdrängen – Kompliment!


Im Mittelfeld brachte Jonas Meffert seine solide Leistung (wie immer), Reis kann sicher noch zulegen, wird auch noch zulegen, in Hannover fand er nach einem etwas blassen Start auch zunehmend mehr und mehr zu seinem Spiel. Und dass er beim 1:0 den besser postierten Jatta bediente, ist ihm hoch, sehr, sehr hoch anzurechnen. Königsdörffer war unternehmungslustig, hatte viele gute Szenen, aber wenn er sich auf Dauer in das Team spielen will, muss er ganz sich noch mehr bringen und auch konstanter spielen. Zu Jatta ist alles gesagt und geschrieben, zu Dompe muss ich auch nichts mehr ergänzen – bei Glatzel und seinem Spiel musste ich immer an seinen Auftritt in Spiel eins (gegen Schalke) denken, als er aufzog wie von einem anderen Stern. Da war er spritzig, schnell, ideenreich, überall zu finden. Davon ist im Moment nicht mehr allzu viel zu sehen, aber er hat es natürlich als zentraler Stürmer auch immer mit einer sehr kompakt stehenden Abwehr zu tun. Dennoch muss ich sagen, dass er gegen Ende der Partie in Sachen Kraft und Kondition ein wenig auf war.



Von den diesmal eingewechselten drei Spielern gefiel mir Ambrosius sehr, sehr gut – das war eine glatte Eins! Öztunali muss mehr machen, muss deutlich mehr machen, er wirkte nach seiner Einwechslung schnell ein wenig übermüdet.










Und Andras Nemeth (kam in Minute 90 plus sechs) konnte sich kaum noch auszeichnen, erhält jedoch immerhin die Siegprämie. Überragend aber, um das noch einmal explizit festzuhalten, waren die Hamburger Fans, von denen diesmal über 20 000 nach Hannover gekommen waren. Unfassbar – unfassbar gut! Sie alle werden bestimmt begeistert und auf Wolke sieben zurück in die Hansestadt geflogen sein, sodass sich der HSV-Boom, der derzeit an der Elbe und Umgebung herrscht, weiter fortsetzen wird. 57 000 ohne Ende! Bestimmt auch wieder am Sonntag, im Zweitliga-Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten Hansa Rostock.


 Den FC St. Pauli habe ich am Sonntag nur in Halbzeit zwei gesehen, weil ich zuvor auch ein bisschen bei Eintracht Norderstedt gegen Holstein Kiel II (2:4) Regionalliga-Luft geschnuppert habe. Deswegen werde ich mich auch ein wenig zurückhalten bei den Kiez-Kickern, denen ich die Daumen gedrückt habe, dass sie dieses eine erlösende Tor doch noch schießen – hat aber nichts genützt. 27 Torschüsse, ich muss es noch einmal loswerden, eine solche Statistik reicht normal für drei Siege. Aber ich habe dann auch im Fernsehen die Tormöglichkeiten der erste 45 Minuten gesehen, und da muss ich wirklich gestehen: Das waren vielfach auch keine Schüsse, sondern nur Schüsschen! Bei den meisten Versuchen der St.-Pauli-Profis fehlte die Kraft, sodass FCM-Torwart Reimann eigentlich vor keine unlösbaren Aufgaben gestellt worden ist. Und oft wurde ja auch – leider, leider - genau „auf Mann“ gezielt. Andreas Albers machte dabei keine Ausnahme, auch wenn er einmal mit einem Kopfball an das Lattenkreuz besonders viel Pech entwickelte.


Was mich trotz des dritten 0:0 in dieser Saison einigermaßen ruhig schlafen lässt? St. Pauli hatte diese unfassbare Zahl an Torschüssen. Schlechter wäre es doch, wenn das Verhältnis 5:27 gewesen wäre. Ich denke, dass sich irgendwann auch wieder das Glück an die Seite des FC St. Pauli gesellen wird, und dass es dann auch wieder (reichlich) Tore geben wird. Magdeburg ist ja nun absolut keine Kneipen-Mannschaft, und gegen diese Truppe hat St. Pauli nicht nur ein sehr gutes Spiel gemacht, sie hat auch über eine Stunde lang keine einzige Torchance zugelassen. Mir ist jedenfalls nicht bange um den FC, das wird schon wieder. Ähnlich sieht es offenbar Trainer Fabian Hürzeler, der nach dem Spiel sagte: „Festzuhalten ist, dass wir sehr, sehr gut verteidigt haben, damit bin ich zufrieden. Uns hat auch das Spiel-Glück gefehlt, das müssen wir uns wieder erarbeiten.“ Unbeantwortet blieb vom FC St. Pauli die Frage, ob bis zum Transfer-Schluss am 1. September noch ein Stürmer verpflichtet wird, werden kann? Klar ist aber in diesem Punkt, dass solche stürmische Soforthilfe nicht auf den Bäumen wächst – und schon gar nicht kostengünstig zu haben ist. Und überhaupt: Welcher Verein sucht nicht noch einen äußerst treffsicheren Angreifer? Es suchen doch alle!



Außerdem weisen sowohl Sportchef Andreas Bornemann als auch Hürzeler generell alle Stürmer-Sorgen weit von sich. Es gibt ja angeblich keine Stürmer-Diskussion auf St. Pauli. „Wir haben uns vielleicht in eine solche Debatte reinreden lassen", sagt Bornemann zu dem Thema und ergänzt: „Es ist mittlerweile auch eine Kopfsache." Hürzeler weiß: „Der Kopf spielt dabei ganz sicher eine große Rolle, das können wir nicht abstreiten. Bei uns intern gibt es aber eine solche Diskussion nicht. Wir stärken unsere Spieler." Und genau das ist auch richtig so. Selbst ein Gerd Müller und auch ein Uwe Seeler hatten in ihren großen Bundesliga-Zeiten, auch wenn das natürlich sehr, sehr hoch gegriffen ist, hin und wieder ihre Schwächeperioden. „Kleines dickes“ Müller wurde aus Verzweiflung sogar mal vom Mittelstürmer-Posten weggenommen und – als Libero aufgestellt! Tatsache. Bei den St.-Pauli-Schützen muss „einfach“ nur mal der Knoten platzen. . .


Etwas verwirrt war ich, um noch einmal auf dieses 0:0 zurück zu kommen, mit dem Resümee von Magdeburgs Coach Christian Titz. Der frühere HSV-Abstiegs-Coach hatte bei Sky festgestellt: „Ab Minute 46 hat sich der Gegner schwer getan, das vorgelegte Tempo weiter zu gehen. Von da an wurde das Spiel so, wie wir es erwartet hatten. Wir haben uns nie aufgegeben, haben uns dann auf die langen Bälle St. Paulis eingestellt.“

So kann man es natürlich auch sehen, so kann man es wahrscheinlich auch sagen – aber mal ehrlich: Verwirrt er Euch nicht auch mit einer solch schwammigen Aussage? Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes! Aber irgendwie habe ich bei „so etwas“ immer das Gefühl, dass ein Trainer eine – sagen wir mal so – nicht ganz so gute Leistung seiner Mannschaft auch stets ein wenig schönreden muss, bevor die Kritiker am Tag darauf eventuell mit viel härteren Geschützen zur Sache kommen. Und mit dieser Kritik dann ja auch immer den Trainer (etwas) angreifbar machen.


Apropos: In der Ersten Bundesliga haben die Bayern nun bereits zweimal gewonnen. Wer hätte etwas anderes erwartet? Aber: Beim 4:0 in Bremen fielen die letzten beiden Bayern-Tore erst in der Nachspielzeit, und auch beim 3:1 daheim gegen Augsburg lief noch lange nicht alles so rund, wie es sich für einen FC Bayern gehört. Kommt aber wohl noch. Anders denke ich über Borussia Dortmund. Nur 1:1 in Bochum. Und das hätte sogar noch schlimmer enden können, kein BVB-Fan hätte etwas dagegen sagen können, wenn der „kleine“ VfL gewonnen hätte. Dortmund ist bis jetzt meine größte Enttäuschung. Und irgendwo habe ich, war es bei Sport1 (?), aufgeschnappt, dass Julian Nagelsmann schon ins Gespräch gebracht wird. Oh man. . .

Aber beim BVB bin ich tatsächlich sehr skeptisch, ob diese Truppe noch einmal kommt? Ob sie sich noch einmal aufraffen kann, bessere Leistungen abzuliefern. Wenn ich die dicken alten Herren da in der Abwehr sehe, wie die sich bewegen. . . Oh, oh, oh!


Aber vielleicht sehe ich auch schon zu schwarz. Wie bei Hertha BSC zum Beispiel. Das gebe ich zu, da lag ich mit der Beerdigung wohl doch ganz schön falsch, weil: Vor einer Woche noch wie eine Theken-Mannschaft in Hamburg (nur 0:3 statt 0:6), und nun glatt 5:0 gegen Greuther Fürth. Kompliment, Herr Dardai, dickes Kompliment sogar. Wie Ihre Mannschaft von der ersten Sekunde (!) an brannte, wie aggressiv sie zu Werke ging, wie alle Spieler wie um ihr Leben rannten, wie sich alle gegenseitig halfen, wie giftig alle waren – das zeugt davon, sehr geehrter Herr Dardai, dass Sie Ihre Mannschaft noch zu 100 Prozent erreichen und im Griff haben. Diese Sonnabend-Vorstellung war wirklich äußerst sehenswert.

Auf den weiteren Weg der „alten Dame“ bin ich jetzt sehr gespannt. War das vielleicht nur eine Eintagsfliege, oder kommt die Hertha nun doch noch?


Ein ganz anderes Thema ist ja die nun beendete Leichtathletik-WM in Budapest. Aber dieses Thema hat mich schon sehr aufgeregt. Wer hat da in Ungarn nicht alles eine Medaille geholt? Fast alle Nationen. Nur Deutschland nicht. Keine einzige. Okay, okay, die Deutschen gingen ja auch stark ersatzgeschwächt ins Rennen, die Stars haben gefehlt, wie zum Beispiel die Weitspringerin Malaika Mihambo, und, und, und. Und wer eigentlich noch? Ach so, Malaika Mihambo auf jeden Fall. Und wenn die fehlt, fehlen die deutschen Stars, und dann sind alle anderen deutschen Stars, die in Budapest am Start waren, auf jeden Fall so verunsichert und gehemmt, dass sie ihre sonst so guten und überragenden Leistungen nicht mehr abrufen können. Ist schon klar. Oh man, keine einzige Medaille! Aber immerhin, und in dieser Wertung sind wir dann doch noch (inoffiziell) Weltmeister geworden: Deutschland lag bei zwölf Entscheidungen immer wieder mal auf Platz vier! Zwölf Mal nur ganz knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt. So oft wie kein anderes Land - vorbeigeschrammt. Selbst Amerika, China, Australien oder auch die Niederlande konnten eine so großartige Vierter-Platz-Statistik nicht vorweisen. Wenn sich darauf nicht aufbauen lässt, dann weiß ich auch nicht. Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass die deutschen Leichtathleten zu wenig Geld kassieren. Kann mich aber auch täuschen.


In diesem Sinne wünsche ich Euch eine angenehme und erfolgreiche und gesunde Woche.

Den einen oder anderen von Euch werde ich dann ja auch vielleicht beim Stammtisch-Auswärtsspiel am Donnerstag in der Buxtehuder Strandkorb-Manufaktur von Kay Gosebeck treffen – ich freue mich. Und unser Promi-Gast Carsten Kober freut sich ebenfalls.



Dieter Matz






Dieter Matz - Der Blog

Folge 25/2023

Online seit 21.08.2023 


Die Träumer sind unter uns! „Ich habe in dieser Woche noch gedacht, wenn
wir so wie beim 5:0-Sieg im Pokal in Jena auch in Hamburg spielen, dann
gewinnen wir. Aber es ist nichts davon rausgekommen", sagte
Hertha-Trainer Pal Dardai nach dem Zweitliga-Spiel in Hamburg und führte
an: „Wenn man die Kabine beobachtet, das Training, dann ist das einfach
gut. Zum Schluss aber ist es vielleicht die Qualität und wir sind nicht
stark genug für diese Liga." Zuerst habe ich gedacht: „Träume schön
weiter, mein Pal, träume weiter. Jena und der HSV in einem Topf – träume
schön weiter!“ Irgendwie haben in diesen Tagen und Wochen viele
Verantwortliche der deutschen Profi-Klubs die Realität aus den Augen
verloren. Bestes Beispiel Borussia Dortmund. Was für ein erschütterndes
Spiel gegen bessere Kölner. Und trotz allem träumt der BVB von der
Deutschen Meisterschaft! Ich frage mich ernsthaft, in welcher Sportart
das sein soll? Im Fußball ganz sicher nicht. Aber zurück zur
erschütternden alten Dame aus Berlin. Der frühere HSV-Profi Toni
Leistner, nun ein Berliner Hoffnungsträger (!), sagte später ehrlich:
„Die ersten beiden Spiele von uns waren noch halbwegs okay, da standen
wir kompakt hinten, haben nur nach vorne nichts hinbekommen. Heute haben
wir nach vorne erst recht nichts hinbekommen. Wir reden immer die ganze
Woche ganz viel, aber im Endeffekt fehlt die Qualität dann
wahrscheinlich auch. Heute haben wir ohne Eier gespielt." Volltreffer!
Es ist aber nur ein Gerücht, dass Dardai neben seinen Söhnen, immerhin
drei an der Zahl, auch noch deren Freunde und noch den einen oder
anderen Schwipp-Schwager in seinen Kader holen will, und noch den einen
oder anderen Cousin seiner Jungs.
Nee, nee, meine Damen und Herren, Hertha BSC spielte bei dieser
0:3-Pleite in Hamburg wie eine Kneipen-Mannschaft und geht ganz, ganz
schweren Zeiten entgegen. In der jetzigen herzlich schwachen
Zusammenstellung werden sie glatt in Liga drei durchgereicht. So
schlecht wie diese Berliner war in meinen Augen noch keine andere
Zweitliga-Mannschaft in Hamburg - und der HSV spielt ja jetzt schon
etwas länger Zweite Liga. . .


HSV-Trainer Tim Walter, der nach dem Schlusspfiff mit seinen Spielern
kurz einmal tanzte, befand nach dem Zu-Null-Spiel (!) erstaunlich
nüchtern: „Die Berliner wollten uns von Anfang an den Schneid abkaufen,
aber das haben wir nicht zugelassen!“ Und das war wahrscheinlich schon
der Gewinner. In Halbzeit eins spielte, bis auf die ersten zehn Sekunden
(!), nur der HSV. Der, das muss man auch konstatieren, sich immer mehr
seiner „Traum-Aufstellung“ (oder Wunsch-Formation) nähert. Diesmal war
auch erstmalig wieder Ludevit Reis mit dabei, und auch Jonas Meffert
stand in der Start-Elf. Dafür fehlten aber (immer noch) Sebastian
Schonlau und leider auch Immanuel Pherai. Der HSV, der zum zehnten Male
in Folge mit 57 000 Zuschauern einen ausverkauften Volkspark melden
konnte, wird also noch besser! Davon gehe ich ganz stark aus. Auf der
Bank nahmen diesmal auch Levin Öztunali und Ransford-Yeboah
Königsdörffer Platz, über rechts draußen stürmte Bakery Jatta, über
links Jean-Luc Dompe. Und hinten links dürfte Miro Muheim jetzt wieder
seinen Stammplatz zurückerobert haben – viel Pech für einen Allrounder
wie Moritz Heyer, der zwar überall eingesetzt werden, aber eben genau
dadurch keinen Stammplatz für sich beanspruchen kann.


Zum Spiel in Halbzeit eins. Erst das 1:0 von Robert Glatzel, das
annulliert wurde, weil vorher Meffert im Abseits gestanden hatte (17.).
Dann gab es einen Foulelfmeter (Leistner gegen Glatzel), der nach
minutenlanger Überprüfung (Kölner Keller) wieder zurückgenommen wurde,
weil Laszlo Benes kurz vor dem vermeintlichen Foulspiel den Ball mit der
Hand berührt haben soll (20.). Das hatte schon was von Chaos, und
Schiedsrichter Frank Willenborg wirkte in dieser Phase des Spiels ein
wenig überfordert. Der HSV aber ließ sich davon weder beeindrucken noch
stoppen. Und traf in der 38. Minute zum längst überfälligen 1:0. Reis
bediente Glatzel, der legte auf Höhe Strafraum quer zum heranstürmenden
Jatta, und der machte es aus 15,5 Metern mit links. Ein großartiges Tor!
Und Jattata mit links! Sensationell. Wie einst in Heidenheim. Und kurz
vor der Halbzeitpause gab es dann noch das 2:0. In der Nachspielzeit.
Hand soll nach einem Schuss von Benes der Trainer-Sohn Marton Dardai
gespielt haben. Eine harte Entscheidung – aber so geht eben Fußball heute.


In Halbzeit zwei ließ es der HSV dann ruhiger angehen. Warum auch immer.
Glatzel hätte eigentlich gegen diese schlechte Hertha schon jetzt
Torschützenkönig werden können, aber der HSV schaltete einige Gänge
zurück. Ich fühlte mich an die erste Halbzeit des Spiels Fürth – St.
Pauli erinnert (der Bericht folgt jetzt gleich). Erst als in der 76.
Minute Öztunali und Königsdörffer kamen, kam wieder etwas Frische und
somit auch Schwung ins Hamburger Spiel. Und es fiel doch noch das 3:0
(82.). Guilherme Ramos klärte im Mittelfeld rustikal, die Kugel kam zu
Jatta, der lenkte geistesgegenwärtig in den Lauf des startenden
Königsdörffer, und der wiederum lief gemeinsam mit Glatzel allein auf
Hertha-Schlussmann Ernst zu. Eine etwas verunglückte (?) Abgabe an
Glatzel führte dazu, dass der gute „Bobby“ den Ball nicht einfach
einschießen konnte, sondern erst noch den Torwart ausspielen musste.
Egal, der Endstand war erreicht, ganz Hamburg, naja, fast ganz Hamburg
lag sich in den Armen und feierte die Tabellenführung. Die Saison könnte
jetzt sofort beendet werden. . .

Und dann stünde der HSV schon wieder in Liga eins und hätte in meinen
Augen schon eine erstklassige Mannschaft mit Erstliga-Niveau. Davon bin
ich zurzeit überzeugt. Wobei im Tor diesmal auch meine Frau hätte stehen
können, denn Daniel Heuer Fernandes musste gegen die harmlosen Berliner
nichts halten. Die Viererkette mit Ignace van der Brempt, Dennis
Hadzikadunic, Ramos und Muheim erledigte die wenigen Prüfungen zu 99
Prozent souverän. Meffert spielte wieder so, wie wir ihn alle kennen,
unauffällig, zuverlässig und effektiv. Ebenso Reis, der sich natürlich
erst wieder in Bestform spielen muss – einiges von ihm aber sah schon
wieder recht gut aus. Benes war diesmal nicht sofort auf
Betriebstemperatur, aber er steigerte sich von Minute zu Minute und
bewies so letztlich, wie wichtig er für das Team geworden ist.
Die Bestnote an diesem späten Sonnabend erhält diesmal Jatta von mir,
der Außenstürmer hat ein wirklich sehr gutes Spiel abgeliefert – von
einigen wenigen missglückten Ball-Stopp-Versuchen mal abgesehen. Glatzel
war immer auf Achse, wollte viel und zu jeder Zeit, so richtig gut aber
wurde er von den Kollegen nicht bedient. Und links versuchte sich Dompe
einige Male (zu viel!) als Scharfschütze, aber an diesem Abend blieb er
total glücklos, seine Schüsse glichen fast alle den (früheren)
Jatta-Schuss-Versuchen, wenn der die Tribünen hinter den Toren mit
seinen Querschlägern auf‘s Korn genommen hat.
Von den eingewechselten Öztunali und Königsdörffer, ich schrieb es
bereits, kam noch einmal Schwung ins Spiel, das war okay, Andras Nemeth
und Moritz Heyer durften noch kurz für die Siegprämie mitmischen – und
dann gab es noch das Geburtstags-Geschenk des Tages: Nachwuchsmann Omar
Megeed wurde an diesem Tag 18 Jahre jung, er kam in der Nachspielzeit
für Robert Glatzel – das hat Trainer Tim Walter richtig, richtig gut
gemacht. Herzliche Glückwünsche an die beiden Herren!
Der HSV tritt am nächsten Sonnabend – erneut – um 20.30 Uhr an, diesmal
geht es am Maschsee gegen Hannover 96.


Zum Lokalrivalen.
So richtig Fußball gespielt wurde in der Partie Greuther Fürth gegen St.
Pauli erst gegen Ende. Wohlwollend so 20Minuten vor dem Schlusspfiff
ging es richtig los. Vorher war es zu heiß, vorher fehlte beiden
Mannschaften das Tempo und auch der Wille, mal richtig und effektiv in
die Offensive zu gehen – das war ein Spielchen im Sommer-Fußball-Modus.
St. Pauli hatten in Halbzeit eins nicht eine Tormöglichkeit – die
Spielvereinigung, wenn solche Möglichkeiten denn schon zählen, zwei
Chancen. Wenn es hoch kommt. St. Pauli hielt den Ball in den eigenen
Reihen, spielte oft hinten herum und quer, und die Fürther machten keine
großen Anstalten, diesem müden Spielchen ein abruptes Ende bereiten zu
wollen. Bei dieser Art des Fußballs dürfte so mancher Fan entweder auf
die Konferenz umgeschaltet haben – oder vielleicht auch schon ein wenig
eingenickt sein.

Eingeschlafen bin ich nicht. Im Gegenteil, ich habe mich immer wieder
mächtig aufgeregt. Über den besten Schauspieler in Liga zwei: Branimir
Hrgota. Dieser Mann ist, das muss ich zugeben, ganz sicher einer der
besten Fußballer in der Zweiten Bundesliga, aber er kann ja so viel
mehr. Bei jeder Berührung und auch bei jeder Fast-Berührung geht er
theatralisch zu Boden. Er wimmert, er stöhnt, er wälzt sich hin und her,
das Spiel steht kurz vor einem Hubschrauber-Einsatz, Hrgota lässt sich
pflegen, streicheln und betüdeln, er lässt sich bemitleiden – und
springt nach ein paar Minuten wieder auf und läuft wie ein Hase oder
auch ein kleines Reh munter über den Rasen. So macht er das schon seit
Jahren. Und alle Schiedsrichter machen das Spielchen munter mit. Oh mein
Gott, wohin ist unser deutscher Fußball nur gekommen!?









 Ich hätte gewettet, dass Hrgota auch noch für seine Leistungen zwar keinen Oscar,
aber doch immerhin einen Elfmeter erhalten würde, aber dazu kam es
nicht, denn er hat es nur einmal so richtig in den St.-Pauli-Strafraum
geschafft – zu wenig für einen Strafstoß. Bei seinem einzigen Auftritt
im Pauli-Strafraum hätte er allerdings das 1:0 erzielen können, oder
sogar müssen. Er spitzelte den Ball jedoch in der 82. Minute knapp am
Pfosten vorbei ins Aus. Viel Glück für St. Pauli.


Die Braunen hatten auch drei Hochkaräter, um dieses Spiel spät für sich
zu entscheiden. Das waren allerdings drei richtig gute Dinger. In der
85. Minute gibt eingewechselte Scott Banks von links zur Mitte, dort
läuft der erst vier Minuten zuvor für Elias Saad ebenfalls
eingewechselte Andreas Albers in Position – und schießt aus sechs Metern
unbedrängt über das Fürther Tor. Es ehrt den Schützen, dass er Sekunden
danach seine beiden Hände vor die Augen hielt und so fassungslos und
auch entsetzt war – wie ich vorm Fernseher. Das musste doch das 1:0 für
St. Pauli sein!
Und: In der Nachspielzeit bediente Jackson Irvine den auf Höhe
Elfmeterpunkt freistehend lauernden Marcel Hartel, doch dessen Schuss
war viel zu flau und unplatziert, Torwart Urbig war blitzschnell am
Boden hielt. Und dann hielt der Keeper sogar einmal nicht: 90. Minute
plus vier, Albers trifft aus halblinker Position zum 1:0-Sieg des FC St.
Pauli. Dachten viele. Auch ich. Schiedsrichter Tom Bauer aber pfiff die
Szene ab – und gab diesen Treffer nicht. Es soll eine Abseitsstellung
vorgelegen haben. Ich habe die nicht gesehen, muss ich gestehen – ich
werde mir diese Szene noch einige Male mehr ansehen müssen. Für mich war
es schade, dass dieses Ding nicht zählte, ich muss aber auch zugeben,
dass ein 0:0 das beste Ergebnis für diesen lange Zeit müden Kick gewesen
ist.


Und, um es schnell noch anzufügen: Ich habe mir dieses vermeintliche Tor
jetzt noch einmal genau angesehen. Bei Ausführung des Freistoßes, den
Eric Smith gefühlvoll schoss, stand Albers tatsächlich leicht, ganz
leicht halblinks im Abseits. Doch dann köpfte der Fürther Michalski den
Ball aus der Mitte des Strafraumes nach außen zu Albers – und der
stoppte die Kugel und schoss (oder drosch) sie ins lange Eck. Für mich
ein Tor. Aber die Schiedsrichter wissen es natürlich besser, und auch
der VAR in Köln. Bitter bleibt es trotz allem, denn es war ein schöner
Treffer. Und wäre wichtig gewesen. . .

Ja, und dann noch meine Gedanken zu einer möglichen Einzelkritik? Ich
habe auf jeden Fall keinen überragenden Kiez-Kicker gesehen. Auch keinen
sehr guten. Dafür aber hinten mit der Nummer 22 auf dem Rücken einen
Keeper, der mich immer wieder in den Wahnsinn treibt. Ich habe aber
keine große Lust mehr, über diese elende Torwart-Daddelei zu schreiben.
Soll Nikola Vasilj mal machen. Er macht ja die unmöglichsten Dinger, und
sein Trainer Fabian Hürzeler sieht zu. Und lacht? Oder schmunzelt auch
nur? Oder gibt seienem Keeper eine Urkunde für besonders risikoreiche
Spielchen? Ich würde explodieren, muss ich gestehen, aber mehr möchte
ich auch nicht mehr zu diesem Thema schreiben. Nur noch so viel:
Unmittelbar nach dem Halbzeitpfiff betrat Torwart-Trainer Marco Knoop
den Rasen und sprach auf dem Weg Richtung Kabine mit Vasilj. Ich hatte
so bei mir gedacht, dass es wohl über diese vermaledeite
Torwart-Daddelei gehen würde. Genau so hatte es für mich ganz
offensichtlich den Anschein, aber offenbar lag ich weit daneben – denn
Vasilj daddelte auch im zweiten Durchgang munter so weiter. Bei mir
richteten sich wieder die Nackenhaare auf, und es kräuselten sich die
Fußnägel. . .
Und Ende. Versprochen: Ich werde dieses leidige Thema ab jetzt nicht
mehr anfassen, weil es mir schlicht zu blöd ist, darüber auch nur noch
ein Wort zu verlieren. Soll der gute Nikola Vasilj nur machen. . .

In der Dreierkette hinten spielten Eric Smith und Hauke Wahl solide,
Mets-Ersatz Adam Dzwigala hatte zwar einige kleine Unsicherheiten in
seinem Spiel, fiel aber auch nicht ab. Dennoch musste er zur Pause raus.
Ich denke mal, dass er wohl verletzt war, denn er humpelte gegen Ende
von Halbzeit eins einige Male. Für Dzwigala kam David Nemeth – und
dieser junge Mann gefiel mir recht gut.

Hinten rechts läuft Manolis Saliakas seiner Form aus der vergangenen
Saison noch immer hinterher – er kann so viel mehr, er könnte so viel
mehr. Und links hinten läuft es für Lars Ritzka immer ein wenig runder.
Natürlich ist er kein Leart Paqarada, aber Ritzka spult sein Pensum
immer (oder meistens) zuverlässig herunter. In der 88. Minute allerdings
litt er unter einem Wadenkrampf – und musste ausgewechselt werden.

Im Mittelfeld war Jackson Irvine für mich der aktivste St.-Paulianer,
obwohl auch er es wesentlich besser könnte. Marcel Hartel ebenfalls, er
taute erst gegen Ende der Partie ein wenig mehr auf. Und dann ganz
vorne? Still ruht der See. Connor Metcalfe war lange, lange gar nicht zu
sehen, Oladapo Afoyalan hatte das Glück, dass er bis zum Pausenpfiff
mitspielen durfte – er hätte nach einem bösen Tritt gegen Green
eigentlich Rot statt Gelb sehen müssen (oder können). Es war die einzige
Szene von Afolayan, in der er auffiel, deswegen wurde er ausgewechselt.
Und links draußen mühte sich Elias Saad immer wieder ab, hatte vorne
zwar noch die besten Ideen, aber so richtig viel gelang ihm dennoch
nicht – er blieb unglücklich. Immerhin, und das gefiel mir dann doch
noch, arbeitete er enorm fleißig mit in der Defensive.

Von den eingewechselten Spielern gefiel mir Nemeth am besten, auch
Andreas Albers hatte einige vielversprechende Ansätze, muss aber –
bitteschön – das 1:0 machen! Philipp Treu kam zu spät, Danel Sinani
blieb blass, ebenso der bislang letzte Sommer-Neuzugang, der 21-jährige
Scott Banks in seinem ersten Kurz-Einsatz für die Braunen, aber er kann
immerhin auf die Vorlage für Albers verweisen, die von ihm kam – und die
eigentlich mit einem erfolgreichen Torschuss hätte enden müssen.
Abschließend bleibt festzuhalten: Der beste Hamburger im Fürther
Sportpark Ronhof war der 12. Mann – nämlich die 2000 stimmgewaltigen
St.-Pauli-Fans. Die waren von der ersten Minute an hellwach und haben
bis zum Schlusspfiff großartig durchgehalten und alles gegeben.
Insgesamt steht für mich aber auch fest: St. Pauli kann es deutlich besser!
Bleibt aber immerhin nach drei Spieltagen ungeschlagen. Am Sonntag
kommen die äußerst unbequemen Magdeburger ans Millerntor, das wird
erneut eine sehr, sehr schwierige Aufgabe.


Während ich jetzt, genau in diesen Minuten, über St. Paulis 0:0
geschrieben habe, lief am Sonnabend der Neustart der Ersten Bundesliga
im Fernsehen. Bis zur Abend-Partie zwischen Dortmund und Köln gab es
(mit dem 4:0 der Bayern am Freitag) bereits 27 Tore in sechs Spielen zu
bewundern, zu bejubeln, zu beweinen. Wieso zu beweinen? 27 Tore sind
doch genial! Könnte man denken, aber ich sehe das nicht so. Deswegen
erwähne ich es explizit, weil ich folgende Theorie für mich aufgebaut
habe: Englands größter Torjäger Harry Kane kam deswegen nach Bayern und
nach Deutschland, weil sein Berater festgestellt hat: „Wenn du, lieber
Harry, Torjäger in einem anderen Land als England werden willst, dann
musst du nach Deutschland gehen. Nicht zu den Saudis, nicht nach Italien
oder Spanien, du musst nach Deutschland. Da sind die Abwehrreihen aller
Klubs so unfassbar schwach, da kannst du ganz bequem, lässig und mühelos
deine 30 bis 40 Tore pro Saison machen.“
Ja, und deswegen spielt der gute Harry nun bei uns. Viel Spaß.


Ich möchte aber trotz allem noch kurz den Abstieg in Liga vier mit Euch
wagen. Ja, richtig gesehen, Liga vier. Da hat der „Welt-Trainer“ Ernst
Middendorp beim SV Meppen nach nur drei Spieltagen und einem 1:2 bei
Jeddeloh II hingeschmissen. Der 64-Jährige verabschiedete sich mit in
etwa folgenden Sätzen: „Ich habe der Mannschaft mitgeteilt, dass ich
nicht dafür geeignet bin, Amateure zum Laufen zu bringen. Wir schaffen
es im Grunde genommen nicht, uns professionell zu verhalten. Das ist
nicht meine Welt. Ich arbeite keine 15 Stunden pro Tag, um letztendlich
irgendwas zu animieren. Ich bin kein Animateur." Und dann soll er noch
über sein Team gespottet haben: „Albern, unprofessionell, amateurhaft."
Und das ist typisch Middendorp. Ich habe diesen „Kollegen“ mal
persönlich kennengelernt, da war er Coach bei Arminia Bielefeld. In
meinen Augen geht der Herr so arrogant durch sein Leben, dass kein
anderes Ende als nun dieses in Meppen zu erwarten war. Ich bedaure jeden
Verein, der sich für Middendorp entscheidet, aber eines ist mir auch
klar: Es wird immer wieder einen neuen Dummen geben. . . PS: Einen habe
ich noch. Als Otto Rehhagel und Ernst Middendorp mal als Trainer
aufeinanderprallten, da saßen sie nach dem Spiel vor den Kameras der
Sportschau (glaube ich, kann auch Sportstudio gewesen sein). Als
Middendorp dann den guten Rehhagel mit „Du“ ansprach, erwiderte der
ebenso „nette“ Otto (im deutschen Fußball) nur kurz: „Seit wann duzen
wir uns?“
Das saß. Stille im Raum.


Ich wünsche Euch und Euren Lieben eine gute und gesunde und erfolgreiche
Woche.

Dieter Matz






Dieter Matz - Der Blog

Folge 24/2023

Online seit 14.08.2023 


„Ja, is denn hoit scho Weihnachten?“ Dieser berühmte Spruch von Franz Beckenbauer geistert mir seit ein paar Stunden durch das Hirn. Und werde ihn partout nicht los. Weil ihn - in etwas abgemilderter Form - auch HSV-Trainer Tim Walter benutzt hat. Nach dem 4:3-Sieg nach Verlängerung im DFB-Pokal bei Rot-Weiß Essen sagte der HSV-Coach: „Ich habe mich gefühlt wie an Weihnachten.“ Oder so ähnlich. Er hätte es mit des Kaisers Worten nicht besser ausdrücken können – der HSV hatte wieder einmal viele (Weihnachts-)Geschenke mit an die Hafenstraßen gebracht und großzügig verteilt. Was für eine Vorstellung! Ich habe diesen Kick mit Freunden gesehen, und ich habe mich gefragt, wieso Rot-Weiß Essen in die Erste Bundesliga aufsteigen will!? Aufstieg? Bei dem Gegurke! Bis mir einer meiner Freunde sagte, dass doch der HSV aufsteigen will, und dass Drittliga-Vertreter Rot-Weiß Essen ja erst einmal in Liga zwei aufsteigen muss, um in eins zu kommen.

Das muss einem Dummen ja auch mal gesagt werden – ich hatte wirklich gedacht, dass Essen der Aufstiegsaspirant sei. Der HSV konnte es ja nicht sein – so wie der gespielt hat und aufgetreten ist. Erst als in der 117. Minute das vierte Hamburger Tor gefallen war, und mein Freund „Timmy“ Walter seine Arme in die Luft riss und brüllte, als hätte seine Mannschaft soeben schon den Aufstieg geschafft, da wusste ich, dass der eigentlich etwas ambitioniertere Verein dieses Spiels aus Hamburg nach NRW gekommen war. Aha, habe ich mir gedacht, so ist das also, der HSV will eventuell aufsteigen. Und dachte dann weiter: „Viel Spaß bei diesem Unterfangen, viel, viel Spaß!“ Und Erfolg natürlich.



Ich will diesen Pokal-Tag gar nicht so hoch hängen. Was haben wir seit Eppingen und Geislingen nicht schon alles erlebt!? Solch ein Gekicke gibt es eben immer wieder mal im Pokal. Und mal gewinnt man eben so einen Kick, mal aber auch nicht. Der Pokal schreibt schließlich schon seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten eigene Gesetze. Da macht Essen und die berühmte Hafenstraße auch keine Ausnahme. Und seien wir ehrlich: An drei Gegentore haben sich die meisten HSV-Fans doch schon längst gewöhnt. Die würden auch in Spielen gegen den TC Großglockner oder gegen den FC Alsterbrüder fallen. Ist doch auch schön: Tore sind das Salz in der Suppe, und solange der HSV immer eines mehr schießt, ist doch auch alles super in Ordnung. Irgendwann gehen solche Spiel wie das in Essen eben nicht nur 4:3 aus, sondern 8:7 oder 10:9 – und das nicht nach Elfmeterschießen.


Und wenn ich jetzt tatsächlich doch noch zum Ernst dieses Pokalfights komme, so muss ich gestehen, dass mir manchmal die Worte fehlen, um ein solches amateurhaftes „Gedaddel“ unbeschadet zu überstehen. Und ohnehin muss ich zugeben: Das Lachen ist mir bei dieser Art des professionellen Fußballs schon lange im Halse stecken geblieben – ich kann es schlicht nicht mehr ab. Diese Jungs, das darf niemand von Euch vergessen, diese Jungs, die sich mit der Raute auf der Brust immer wieder mal bemühen, die Kugel halbwegs vernünftig und pflegeleicht zu behandeln, die werden dafür immerhin fürstlich entlohnt, die kassieren Millionen. Die meisten jedenfalls. Und mal ehrlich: Könnt Ihr das diesem HSV und seinem Spiel ansehen? Der Kick in Essen war wieder einmal, Rudi Völler würde jetzt in Island-Form total explodieren, ein schwerer Rückfall in alte Zeiten. Nur hat sich früher kein Trainer nach einem solchen Spiel hingestellt und gebrüllt und gejubelt das die Schwarte kracht. So ändern sich die Zeiten!

Ich liebe Euch alle! Jawollo, ich liebe Euch alle. Ich liebe die Spieler, ich liebe den Verein abgöttisch, ich liebe die Fans – ich liebe Euch alle!


Wenn Tim Walter sagt, dass er seine Spieler alle liebt, dann habe ich auch hundertprozentig die Hoffnung, dass er ihnen auch noch vernünftig das Fußballspielen beibringen wird. Ballannahme, Ballverarbeitung, Passspiel, Torschüsse. Und vor allen Dingen erst einmal vernünftig verteidigen. Was ist eine Grätsche? Wie kann ich besser ins Kopfballspiel kommen? Wie vermeide ich des Gegners Freistöße, ohne an Aggressivität zu verlieren? Wie kann ich meine Konzentration bewahren, um so auch selbst im eigenen Fünfmeterraum keinen Gegenspieler mehr aus den Augen zu verlieren? Wie stoppe ich einen Ball unfallfrei, sodass ich ihn auch sicher am Fuß habe – und nicht der Gegner?

Ja, es gibt so schöne und viele Sachen, die „Mann“ üben, üben, üben und immer wieder üben kann – und wer seine Jungs liebt, der wird es ihnen schon beizeiten ganz liebevoll vermitteln können. . . wie Fußball tatsächlich geht. Ich gebe diesbezüglich die Hoffnung noch nicht ganz auf. Wird schon.


Und was soll ich sonst zu diesen 120 Minuten erzählen? Laszlo Benes erzielte das Siegtor für die Rothosen, allerdings unter gütiger Mithilfe von Jakob Golz, dem Torhüter der Rot-Weißen. Den Ball muss der Sohn von Richard dem Großen eigentlich halten, muss man ehrlich sein. Ansonsten halfen die Essener auch tatkräftig bei den anderen Hamburger Toren mit – war ja schon wie Weihnachten. Beim 0:1 von Bakery Jatta ließ sich Verteidiger Alonso den Ball einfach mal so vom Fuß nehmen, beim 1:2 von Jatta bediente Golz seinen Abwehrchef Bastians, der zentral 18 Meter vor dem eigenen Tor mit dem Ball am Fuß stand, aber nicht wusste, was er damit anstellen soll. Dann kam Jatta, sagte danke und schob die Kugel mit links ins verwaiste Tor. Herrlich. Beim dritten HSV-Treffer zog Jean-Luc Dompe mutig und richtig stark aus 16 Metern ab, Robert Glatzel lenkte den Ball an den Körper des Esseners Wiegel, von dort prallte die Kugel wie beim Billard wieder Glatzel vor die Füße – Schuss aus fünf Metern und Tor.


Die Tore auf der anderen Seite fielen allerdings ähnlich kurios. Beim 1:1 per 27-Meter-Freistoß, geschossen von Müsel, standen Guilherme Ramos und „Bobby“ Glatzel zwar nebeneinander in der Mauer, gingen dem Ball aber vorsichtshalber mal aus dem Wege – Ball durch Mauer, Tor! Beim 2:2 ließ der HSV dann seine linke Abwehrseite so unbewacht, als hätte es nie eine linke Abwehrseite gegeben. Konter, Pass zur Mitte, Doumbouya traf aus acht Metern – Gegenspieler Ramos war zu weit weg von seinem Mann.









Und beim 3:3 in der 83. Minute führte Essen einen Eckstoß von rechts so schnell aus, dass der HSV, der kurzfristig eingenickt schien, davon gar nichts mitbekam. Flanke, Hechtkopfball Brumme – Tor. Verlängerung. Ganz offensichtlich war: Teilweise herrschte Chaos in der HSV-Abwehr, allerdings war auch Essen defensiv längst nicht fehlerfrei. Pokal-Fußball eben. Von wegen der eigenen Gesetze. Angemerkt werden muss zudem noch, dass Glatzel und Jatta jeweils einmal an die Latte köpften. Diese beiden Fast-Treffer machten das HSV-Spiel allerdings auch nicht besser!


Eine Bemerkung zum 2:1 des HSV habe ich noch: Dass Jakob Golz den Ball zentral zu Bastians spielte, zwei Meter vor der Strafraumgrenze, verstehe wer will – ich verstehe es nicht! Wieso, weshalb, warum? So beschwört man doch nur und immer wieder mal Gefahr vor dem eigenen Tor herauf. Warum wird der Ball nicht einfach – ich sage es mal so drastisch – nach vorne GEBOLZT!!?? Gegen eine so schwache Abwehr wie der des HSV kann man doch auch mal einen zweiten Ball gewinnen. Statt sich so durch eine unnötige „Daddelei“ am eigenen Strafraum ein Tor einzufangen! Ich verstehe diese Spieler nicht, ich verstehe erst recht diese Trainer nicht, die so etwas nicht erkennen, die so etwas nicht unterbinden. Aber ich bin ja auch nur einer von gestern und habe von diesem neumodischen und modernen Gekicke keine Ahnung mehr.

Kurz noch zur Einzelkritik: Sehr gut war keiner, gut war auch keiner so richtig. Das war diesmal fast alles nur Schnitt. Das gilt auch für Torwart Matheo Raab, der im Pokal zwischen den HSV-Pfosten stehen wird. Aber klar, an ihm lagen die drei Gegentore nicht. Hinten gab es einfach wieder viel zu viele Fehler, allen voran ging beim zu wilden Ramos wieder einmal zu viel schief, aber auch Nebenmann Dennis Hadzikadunic muss noch viel üben, wenn er einmal so richtig im deutschen Fußball ankommen will. Herr Walter, übernehmen Sie! Außen in der Defensive lief bei Ignace Van der Brempt und auch bei Miro Muheim doch einiges schief, was besser nicht hätte schief laufen sollen. So verteidigen auf jeden Fall keine Profis, die in die Erste Liga aufsteigen (wollen)! Levin Öztunali im Mittelfeld fiel kaum einmal auf, Elijah Krahn (spielte für Jonas Meffert) agierte einige Male unglücklich, kassierte unmittelbar vor dem 1:1-Freistoß auch Gelb und stand vor (vielleicht) einem Platzverweis. Laszlo Benes legte während des Spiels stetig zu. Ganz vorne erzielte Jatta zwei Tore, aber ich muss gestehen, dass er schon mal in wesentlich besserer Verfassung war. Zwei Tore sind schön und gut, ganz gewiss, aber eben nicht alles. Auch wenn das die Zeitung mit den großen Buchstaben traditionell anders sieht, Jatta wird wahrscheinlich eine Eins bekommen, ich sehe das aber eben nicht so. Mannschaftskapitän Glatzel war bemüht, blieb jedoch, bevor ihm der Ball vor die Füße flog, lange glücklos. Und vorne links war für mich Dompe der beste Mann, auch wenn ihm längst nicht alle Dinge glückten. Dass er in der 82. Minute ausgewechselt wurde, verstand ich nicht ganz (für ihn kam Moritz Heyer), aber Tim Walter wird sich sicherlich seine Gedanken gemacht haben.


Apropos Walter: Er stand leicht erkrankt an der Seitenlinie, und dann wurde er noch zusätzlich vom gefoulten Benes (war er das tatsächlich, ich weiß es in der Tat nicht mehr genau! Sorry), der in seinen Trainer flog, von den Beinen geholt. Immerhin sammelte sich Walter nach dem Spiel wieder und gab zu Protokoll: „Wir sind etwas glücklich, aber bestimmt nicht unverdient in Runde zwei gekommen.“ Kann man so sehen, muss man aber nicht.



Ich bin da eher bei Jonas Boldt, dem HSV-Boss in Sachen Profi-Fußball. Er saß während des Spiels (lange) in einem Rot-Weiß-Block (so hatte es den Anschein), stand aber mit dem Schlusspfiff unten auf dem Rasen. Um später Klartext zu reden: „Es gab viel zu viele Nachlässigkeiten und viel zu viele einfache Fehler. Und es ist für mich unerklärlich, dass wir sie immer wieder zurückholen." Mit „sie“ ist natürlich Rot-Weiß Essen gemeint. Der HSV-Sportvorstand bei Sky weiter: „Ich würde nicht sagen, dass wir das Spiel nicht angenommen haben, so war das nicht, deswegen gewinnen wir es dann am Ende auch. Allgemein aber hat das alles mit Seriosität zu tun. Wir spielen hier ja gegen einen Drittligisten und nicht an der Freibadstraße. Da ist ein bisschen Tempo drin, und dann muss man den Ball auch mal schneller abspielen, das hat der eine oder andere vielleicht heute in der Deutlichkeit bemerkt." Der eine oder andere Hamburger aber vielleicht auch etwas zu spät. Oder überhaupt nicht?


Dann hoffen wir alle (oder auch nur die HSV-Fans) mal, dass sich das bis Sonnabend um 20.30 Uhr wieder gebessert hat – wenn es dann im Volkspark gegen Hertha BSC geht.


Zum FC St. Pauli. Diesmal wirklich nur ganz, ganz kurz. 5:0 in Delmenhorst, damit wurde die Pokal-Pflicht erledigt. Mehr aber auch nicht – für mich. Was soll ich über ein solches Spiel schon schreiben? Eric Smith schoss einen Freistoß zum 1:0 ins Delmenhorster Tor, in Halbzeit zwei schoss Sari gemeinsam mit seinem Torwart Schobert die Kugel ins eigene Netz, dann sorgte Elias Saad mit einem sensationellen Tor für das 3:0, indem er im gegnerischen Strafraum Slalom lief. Dieser Treffer war allein schon das Eintrittsgeld wert. Zu den beiden weiteren St.-Pauli-Toren leistete Saad dann die Vorarbeit, Marcel Hartel traf per Foulelfmeter, danach staubte Oladapo Afolayan zum 5:0-Endstand ab.


Generell war es so, dass Delmenhorst in den 90 Minuten lediglich zwei (gute) Tormöglichkeiten besaß, und dass der FC St. Pauli ansonsten alles fest im Griff hatte und zu keiner Phase des Spiels in Gefahr geriet, die zweite Pokalrunde zu verpassen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass die Braunen am Sonnabend (Anstoß 13.00 Uhr) beim Auswärtsspiel gegen Greuther Fürth ein bisschen werden zulegen müssen, wenn es da aus Hamburger Sicht keine unliebsame Überraschung geben soll.


Ich wünsche Euch einen guten Start in die neue Woche, viel Erfolg, viel Spaß – und

bleibt gesund.


Dieter Matz







Dieter Matz - Der Blog

Folge 23/2023

Online seit 07.08.2023 


Erinnert Ihr Euch? In Karlsruhe lief die Nachspielzeit zwischen dem KSC und dem HSV, die Rothosen führten 2:1 und Jean-Luc Dompe lief zum zweiten Mal innerhalb von vier Minuten auf das KSC-Tor zu. Der eingewechselte Stürmer zog auf Höhe Strafraum ab, doch KSC-Torwart Drewes faustete den Ball nach links weg. Dort stürmte der ebenfalls eingewechselte Bakery Jatta heran, der Keeper lag noch am Boden, halbwegs jedenfalls, ich behaupte, dass mein Freund „Jattata“ den Ball mit dem Ohrläppchen über die Linie hätte bringen können, aber das passierte nicht. Es passierte das, was „Jattata“ tatsächlich sehr oft fabriziert, er bolzte, er hämmerte, er drosch den Ball derart über und neben das KSC-Tor, dass jeder Fan Angst hätte haben müssen, dass die neue Tribüne des nagelneuen Wildpark-Stadions in sich zusammenbricht. Ich brach auch zusammen. Vor dem Fernseher. Ich konnte es nicht fassen, hatte zugleich aber auch die Angst, dass einige Zuschauer, die hinter dem Tor standen oder saßen, von diesem sensationellen „Jattata“-Geschoss getroffen worden sein könnten, sodass sie ins Krankenhaus – oder sogar ein Haus weiter – gebracht werden müssten.



Das war in der 93. Minute des Spiels die Szene der Szenen für mich. Später, nachdem das Ergebnis von 2:2 auf dem Schiedsrichter-Bogen stand, nörgelte HSV-Trainer Tim Walter über diese Torchance allerdings ganz anders. Auf seine ihm eigene Walter-Art. Mein Lieblings-Chef-Trainer „Timmy“ bemängelte nämlich: „Wir haben so viele Konterchancen gehabt, die muss Jean-Luc eigentlich machen. Dann ist der Sack zu. Es hätte aus zwölf Metern gereicht, wenn er den Ball einfach ins Eck schiebt, dann heißt es 3:1, alle feiern ihn und wir fahren mit drei Punkten nach Hause." Die Schilderung von Walter birgt zwar auch gewisse Wahrheiten in sich, aber erstens stimmt die Entfernung für Dompe nicht, es waren rund 16 Meter, und zweitens hätte der Coach tatsächlich sagen können: „Wenn Bakery den Ball einfach ins Eck schiebt, dann heißt es 3:1, alle feiern ihn und wir fahren mit drei Punkten nach Hause.“ Nun wissen wir ja alle, das der gute „Jattata“ der Liebling von Tim Walter ist, und vielleicht wollte der Coach seinen Schützling nicht doppelt bestrafen. „Scharfschütze“ Jatta war nämlich erst in der 56. Minute für Levin Öztunali eingewechselt worden, und wurde unmittelbar nach seinem „Tribünen-Hammer“ gleich wieder ausgewechselt. Höchststrafe für einen Fußballer, aber jetzt weiß ich nicht (es ist 23.51 Uhr am Sonntag, als ich diesen Bericht über den HSV schreibe), ob der gute Bakery nicht doch irgendwie verletzt gewesen ist, sodass er deswegen wieder vom Platz musste. Könnte natürlich auch sein, wurde aber auf Sky nach dem Spiel von den Interviewern „Tusche“ und Co nicht weiter thematisiert. Muss ja auch nicht.



Ja, der HSV stand vor einem wichtigen Auswärtssieg, musste aber doch noch, und zwar in der 95. Minute, den Ausgleich hinnehmen. Ich sage völlig verdient. Und zwar deswegen: Der HSV fand zunächst gar nicht ins Spiel, lag nach 13 Minuten durch ein Tor von Schleusener mit 0:1 zurück und sammelte sich erst nach rund 24 Minuten. Von diesem Zeitpunkt an spielte der HSV mit. Nicht überragend, aber durchaus annehmbar. Vorher, so will ich das mal beschreiben, spielte der „alte HSV“ (vor Walters Gnaden), dann näherte er sich etwas dem Schalke-Tempo (vom 5:3-Sieg vor einer Woche.). Trotz allem war es für mich doch seltsam anzusehen, dass der KSC vornehmlich auf der rechten Angriffsseite immer wieder „kilometerfreien“ Raum vorfand, um zu kontern, um Flanken in die Mitte zu bringen. Das Gegentor, ich weiß es wohl, fiel über die linke KSC-Seite, und auch die war, das habt Ihr sicher registriert, mitunter total verwaist – von der HSV-Defensive, vornehmlich von Ignace Van der Brempt. Ein Fehler im (Walter-)System? Glaube ich nicht. Jedenfalls köpfte nach einer dieser Rechts-Flanken KSC-Stürmer Rossmann aus rund elf Metern nur knapp am HSV-Tor vorbei – Keeper Daniel Heuer Fernandes stand wie versteinert auf der Linie und guckte den Ball um den Pfosten. . . Das war in der 34. Minute. Zwei Minuten später schoss der HSV zum ersten Mal auf das KSC-Tor, es war Anwehrmann Dennis Hadzikadunic, der aus 30 Metern mutig abgezogen hatte, aber die HSV-Neuerwerbung hätte eigentlich noch eine Bäckerei hinterherwerfen müssen, denn das Schüsschen verhungerte fast, bevor es in den Armen von Torwart Drewes ankam. Zur Halbzeit lag der HSV also wieder, wie gegen Schalke, zurück.


Erstaunlich dabei war anzusehen, dass Tim Walter 30 Minuten am Spielfeldrand stand und meckerte, Tipps gab, seinen Jungs Anweisungen steckte, seiner Unzufriedenheit gelegentlich freien Lauf ließ. Dann aber setzte er sich ganz brav und artig auf die Bank – und blieb die Ruhe selbst. Ja, es stimmt, er blieb die Ruhe selbst, auch wenn es niemand so recht glauben will – und kann. Na bitte, es geht doch – habe ich bei mir gedacht.


Im zweiten Durchgang kam der HSV besser ins Spiel. Die Wechsel in der 55. Minuten waren dabei hilfreich: Guilherme Ramos, der kurz vor einem Platzverweis stand, musste gehen, der diesmal herzlich schwache Levin Öztunali sowie Ransford-Yeboah Köningsdörffer ebenfalls. Für sie kamen Stephan Ambrosius, Dompe und Jatta. Sechs Minuten später traf der HSV. Immanuel Pherai war am KSC-Strafraum von Gondorf böse umgetreten worden, und den Freistoß aus 22 Metern verwandelte Laszlo Benes sehenswert – 1:1. 240 Sekunden danach führte der HSV. Benes zog aus der Ferne ab, der Ball wäre weit am Tor vorbeigeflogen, doch Robert Glatzel hielt seinen Fuß in die Schussbahn – und lupfte den Ball eher unfreiwillig über Torwart Drewes. Ein Zufallstreffer. Glatzel wollte das Tor bestimmt nicht so machen, wollte den Ball eher stoppen und dann erst schießen – aber egal, Treffer ist Treffer! Kommentar von KSC-Trainer Eichner (später): „Das Kacktor des Wochenendes!“



Kurios danach aber der Spielverlauf: Der HSV ließ stetig nach, ich hatte das Gefühl, dass die Kräfte dramatisch schwanden. Allen voran dem gerade erst eingewechselten Bakery „Jattata“! Was war da denn los? Links zog Dompe zwei, drei Sprints über 60 Meter an, rechts trabte Jatta mehr oder weniger kraftlos auf und ab. Und der KSC hatte Chancen, kam immer häufiger vor das HSV-Tor. Einmal rettete Daniel Heuer Fernandes mit einer Weltklasse-Parade nach einem Wanitzek-Fernschuss (76.), dann verhinderte Ambrosius kurz vor der Torlinie den zweiten KSC-Treffer (77.). Den gab es aber trotz allem noch – der HSV hatte förmlich drum gebettelt. Stindl bediente in der 95. Minute den zuvor eingewechselten Budu Zivzivadze, und der ließ ich die Chance nicht entgehen. Tor und Ende. Und lange Gesichter beim HSV. Natürlich.



Kommentar von Tim Walter: „Das Unentschieden ist enttäuschend. Aber irgendwie sind wir ja immer noch ein Stück in der Vorbereitungsphase und versuchen, uns in vielen Dingen mehr zu finden. Uns hat diesmal die letzte Konsequenz gefehlt.“ „Bobby“ Glatzel ließ seiner Enttäuschung freien Lauf: „2:2 – ein Scheißgefühl. Es ist unfassbar, dass wir es in der letzten Sekunde doch noch so herschenken. Aber wir haben es selbst verschuldet, denn wir haben den Kampf heute nicht von Anfang an angenommen. Und dann wird es gegen eine so gute Mannschaft wie den KSC schwer. Karlsruhe ist super, enorm zweikampfstark und war von Anfang an da. Wir wussten eigentlich, was auf uns zukommt, aber haben es nicht angenommen."



Beste Spieler beim HSV? Herausragend war niemand. Pherai und Benes haben alles, was ein guter Fußballer haben muss – aber sie fanden erst langsam ins Spiel. Van der Brempt war nicht so souverän wie gegen Schalke, stand beim 2:2 zudem so tief, dass er eine Abseitsstellung des KSC-Torschützen Zivzivadze verhinderte. Moritz Heyer spulte hinten links sein Pensum solide herunter, in der Innenverteidigung gab Ramos viel Gas, aber gelegentlich ist er noch zu ungestüm. Bei seinem Nebenmann Hadzikadunic hatte ich oftmals das Gefühl, dass er die Zweite Bundesliga noch ein wenig auf die leichte Schulter nimmt – er wird es noch merken, dass auch in Liga zwei guter Fußball gespielt wird und höchste Konzentration gefordert ist. Kapitän Jonas Meffert rackerte auf der Sechs ein ordentliches Pensum herunter, war eine Stütze des Teams. Ganz vorne lief sich Glatzel gegen Ende einen Wolf, er hatte für mich diesmal zu wenig Unterstützung von den Außenpositionen, da kam kaum etwas Brauchbares zur Mitte. Aber auch bei Goelgetter „Bobby“ hatte ich gelegentlich den Eindruck, dass er „auf“ war, dass ihm allmählich die Kräfte ausgingen. Ich bin gespannt, wie der HSV das sieht – und analysiert.




Dann komme ich ans Millerntor.


Der FC St. Pauli spielt nur 0:0 gegen Düsseldorf.

So war es im Videotext zu lesen. Das „nur“ hat mich dabei gestört. Sehr gestört sogar. Unentschieden gegen diese Fortuna, das ist doch nicht nur als „nur“ zu bezeichnen. Für mich gehört Düsseldorf mit zu den Aufstiegsaspiranten, und deswegen konnte und kann ich mit diesem 0:0 leben. Nicht besonders gut leben, aber eben leben. Natürlich hätte Jackson Irvine nach diesen 90 Minuten schon Torschützenkönig der Zweiten Bundesliga sein können, weil er „Unmengen“ an guten und ganz großen Tormöglichkeiten ausließ, aber beste Chancen hatte auch der Düsseldorfer Klaus – und irgendwie hatte ich doch das Gefühl, dass sich das am Ende dann doch alles ausgeglichen hatte.


Mit einem Schock begann diese Partie ja schon weit vor dem Anpfiff: Jakov Medic ist weg! Er geht zu Ajax Amsterdam, unterschrieb dort einen Fünf-Jahres-Vertrag. Gesprengt ist diese Super-Dreier-Kette des FC St. Pauli mit Medic, Eric Smith und Karol Mets. Um ehrlich zu sein, hatte ich vor Monaten und Wochen immer die Frage im Kopf: „Warum verpflichtet St. Pauli den Kieler Hauke Wahl?“ Deswegen! Genau deswegen! Jetzt weiß ich es. Und gratuliere den Verantwortlichen für diese Weitsicht. Das passt natürlich wunderbar. Wahl – Smith – Mets, das wird auch eine gute Kette. Vielleicht nicht ganz so gut wie das „Original“, aber bestimmt gut. Und auch mit dieser Abwehr-Konstellation können die Braunen ganz sicher um den Erstliga-Aufstieg mitspielen. Gegen die Düsseldorfer hatte Wahl die meisten Ballkontakte seiner Mannschaft, und er beging kaum einen (groben) Fehler.


Obwohl ich schon zugeben muss, dass St. Pauli in der Anfangsphase irgendwie noch nicht zu 100 Prozent auf dem Rasen war. Das begann schon mit dem Anpfiff. Anstoß St. Pauli, Marcel Hartel hielt den Ball auf dem Punkt und begann zu „daddeln“. Offenbar wusste er nicht, wohin mit dem „Ding“, hatte sich vorher wohl auch keinerlei Gedanken gemacht, wie es nach dem Abstoß weitergehen könnte. Und flugs war der Ball weg! Und ein brandgefährlicher Konter lief, der fast mit dem 0:1 ein schockierendes Ende gefunden hätte. Das war grob fahrlässig. Und dann kam nach einer Minute und 40 Sekunden noch eine „Torwart-Daddelei“ von Nikola Vasilj dazu, der zwei Meter vor der Torlinie zu dribbeln begann! Ich kann es nicht glauben, dass diese Art des Risiko-Fußballs noch immer nicht abgestellt worden ist. In der sechsten Minute noch einmal Gefahr vor dem St.-Pauli-Tor, als der Düsseldorfer Tanaka aus fünf Metern abzog, aber Lars Ritzka sich in die Schussbahn stellte (oder warf) und den Ball zur Ecke abwehrte. Welch ein toller Beginn der Fortuna!



In Minute acht aber gab es das erste Lebenszeichen der Hausherren: Jackson Irvine zog aus 20 Metern ab, doch der überragend reagierende Düsseldorfer Keeper Kastenmeier lenkte den großartigen Schuss gegen die Latte – oder gegen das Lattendreieck. Immerhin, St. Pauli lebte – und es entwickelte sich ein großartiges Zweitliga-Spiel, in dem es hin und her ging. Nach einem technischen Fehler von Karol Mets tauchte Fortunas Klaus halbrechts frei vor Vasilj auf, doch der Keeper hielt den doch einigermaßen unplatzierten Schuss (30.). Sechs Minuten später hatte dann abermals Irvine das 1:0 auf dem Fuß, scheiterte aber erneut (mit einem Schrägschuss) an Kastenmeier. Fast im Gegenzug landete der Ball bei Vasilj, der wieder einmal lässig-arrogant in die Mitte passte (unfassbar!), wo sich die Düsseldorfer des Kunstleders bemächtigten. Den folgenden Klaus-Schuss meisterte der St.-Pauli-Schlussmann aber bravourös – wenn auch mit viel Mühe.








Was auffällig war: St. Pauli baute immer wieder mal recht langsam auf. Sky-Reporter Hansi Küpper, mein von mir geschätzter Ex-Kollege, sah es als „kontrollierten Spielaufbau“ an. Ob der dann so langsam stattfinden muss, mit vielem (oder einigem) Quer- und Zurück-Geschiebe, das weiß ich nicht so ganz, aber vielleicht nimmt man auf diese Art und Weise dem Gegner ein wenig den Schwung und die Lust für seine Angriffe. Es zeugte in meinen Augen aber auch davon, dass die Kiez-Kicker doch einigen Respekt vor der Fortuna hatte. Und dann wird eben so gedacht, wie es im Kopf von HSV-Trainer Tim Walter jede Sekunden abrufbar ist: „So lange wir den Ball halten und haben, kann der Gegner kein Tor schießen.“ Ja, so ist es denn wohl.


Was mir noch bei St. Pauli auffiel: Smith schlug einen Freistoß von links in den Strafraum der Düsseldorfer. Aber warum er? Somit fehlt ein überragender Kopfballspieler in der Mitte. Warum schießt nicht Marcel Hartel solche Freistöße, denn Hartel ist ja gewiss kein Kopfball-Ungeheuer? Aber gut, auch dabei wird sich Trainer Fabian Hürzeler schon etwas gedacht haben, sonst würde das wohl in dieser Form nicht stattfinden.


In der Halbzeitpause ging mir, aber vielleicht bin ich da doch ein wenig zu pingelig, Sky-Moderatorin Nele Schenker auf den Geist. Zu Hause hätte ich abschalten können, aber ich habe dieses Spiel in Timmendorf im Restaurant „Timme“ (vielen Dank für die nette und ausgezeichnete Bewirtung!) gesehen, und da muss man denn eben auch mal „so etwas“ ertragen. Die Frau Schenker (es müssen im Fußball ja zunehmend Frauen sein, die uns den Fußball erklären!) redet so, als würde sie – Verzeihung – frühmorgens auf dem Fischmarkt stehen und ihre Ware anbieten: „Noch‘n Barsch? Noch‘n Aal? Oder nimm doch mal ‘nen Krabbensalat! Oder wie wär‘s mit einer Scholle?“ Sie sagte auch, und das ist ernsthaft gemeint: „. . .Morgen geht es ja schon weiter mit der brutal harten Zweiten Liga.“ Brutal hart. Das klingt alles für mich recht flapsig. Und geht mir, muss ich zugeben, ein wenig (mehr) auf die Nerven. Aber wie gesagt, das muss bei Euch ja ganz sicher auch nicht so sein. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.


In Halbzeit zwei war St. Pauli dann lange Zeit leicht feldüberlegen und hätte in Führung gehen müssen. In der 61. Minute dribbelte sich erneut Irvine mit Glück und Geschick bis auf den Elfmeterpunkt durch, stand allein, mutterseelenallein vor Kastenmeier – und schloss zu lasch ab, der Keeper konnte halten, seine größte Tat. Und es war zugleich die letzte große, fast hundertprozentige Möglichkeit in dieser Partie für St. Pauli. In der Schlussphase kam dann die Fortuna noch einmal, hatte zwei Freistöße an der Strafraumgrenze – einer davon flog nur um Millimeter am Tor von Vasilj, der dem Ball nur noch regungslos hinterhersehen konnte, vorbei. Das war zu einem Zeitpunkt, als die Braunen nur noch zu zehnt spielten, weil Schiedsrichter Daniel Schlager dem St. Paulianer Mets nach einem bösen Tritt gegen das Schienbein des Düsseldorfers Niemiec Rot gegeben hatte (83.). Weil sie gegen diesen Platzverweis zu laut und zu heftig und zu lange protestierten, zeigte der Unparteiische Schlager auch Hürzeler und seinem Assistenten Peter Nemeth die Gelbe Karte. Ich weiß nicht, ob die Trainer heute, am Tag danach, anders über den Platzverweis denken (und dann nicht protestieren würden), aber für mich war Rot schon okay. Das war ein übler Tritt von Mets, der so nicht in den Fußball gehört.


Hürzeler sagte nach dem Schlusspfiff, dass er mit diesem 0:0 nicht leben könne. Im Gegensatz zu mir sagte er das, aber ich sehe das ja auch aus einer ganz anderen Warte. St. Pauli hätte gewiss auch gewinnen können, aber ein guter oder überragender Torwart beim Gegner ist ja im Fußball nicht verboten – und gehört eben auch einmal dazu. Bei St. Pauli stand mit Nikola Vasilj ja auch ein guter Mann zwischen den Pfosten – wenn nur nicht diese unmögliche „Daddelei“ und seine grob fahrlässige Lässigkeit im Spiel nach vorne wäre. Die Dreierkette mit Wahl, Smith und Mets funktionierte , wenn auch Smith den einen oder anderen „Aussetzer“ in seinem Spiel hatte – wie auch Mets. Sie können es besser und waren schon konzentrierter.


Im Mittelfeld hatte ich den Eindruck, dass dort alle Akteure noch nicht bei 100 Prozent sind. Das gilt für Irvine, aber diesmal auch für Hartel. Auf den Außenbahnen erledigten Lars Ritzka und Manolis Saliakas ihre Defensivaufgaben meistens zufriedenstellend, wobei ich bei Ritzka denke, dass er die Position hinten links durchaus in den Griff bekommen könnte. Bei Saliakas habe ich das Gefühl, dass er nach vorne schon deutlich effektiver und gefährlicher auftrat, aber wir sind ja auch erst am Anfang der Saison.


Ganz vorne blieben Connor Metcalfe, Oladapo Afolayan und auch Elias Saad diesmal blass. Oder auch nur blasser. Ich hatte Afolayan ja nach dem Sieg in Kaiserslautern „gefordert“ (statt Andreas Albers), aber überzeugen konnte er mich in diesem 0:0-Spiel nicht. Metcalfe hatte in meinen Augen keinen Torabschluss, Saad fand lange Zeit auf der linken Seite nicht statt, weil dort kaum Bälle hinkamen, aber wenn er (später) häufiger die Kugel am Fuß hatte, konnte er sich kaum einmal durchsetzen. Wobei Schiedsrichter Schlager auch nicht sein „Freund“ wurde – denn zweimal wurde Saad glatt gefoult, aber es ertönte kein Pfiff. Das empfand ich als höchst ungerecht. Oder, um es mit Nele Schenker zu sagen: „Das war brutal ungerecht!“


Das 0:0 aber war es in meinen Augen nicht.


Beim Schreiben dieser Zeilen sehe ich gerade USA – Schweden bei der Frauen-WM. Herrje, so sieht Fußball aus, voller Tempo, Leidenschaft, Kampf, technischer Finesse. Und nicht dieses herzlose, amateurhafte und lahme Gekicke unserer Damen bei diesem Turnier. Ich muss mich mal outen: Von Anfang an habe ich unsere Frauen-Nationalmannschaft gemocht. Tatsache! Ich will absichtlich nicht geliebt schreiben – ich habe sie gemocht, sie spielten einen tollen Ball. Das war schon als Schreiberling beim Hamburger Abendblatt so. Deswegen habe ich oft auch über den Frauen-Fußball hierzulande schreiben dürfen (oder müssen). Mir gefiel diese Art des Fußballs eben. Über Jahrzehnte. Die deutschen Frauen hatten dazu auch zuletzt eine wunderbare und sensationell gute EM in England gespielt – Vizemeister. Aber jetzt? Ich muss es mal „brutal“ auf Schenker-Art sagen: „Das war die schlechteste deutsche Frauen-Nationalmannschaft seit Jahren.“ Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen oder auch aufhören soll.


Ersatz-Verteidigerin Hagel muss mit dem Leipziger Nationalspieler „Rückwärts“-Raum verwandt sein, denn sie spielte immer nur (zu 99 Prozent) zurück. Es war zum Verrücktwerden! Wenn eine Linksverteidigerin ausfällt, dann hätte da eine zweite Linksverteidigerin im Kader sein müssen (!), und keine Mittelfeldspielerin, die auf die Schnelle umfunktioniert wird. Ganz, ganz bitter. Dann Magull im Mittelfeld. Schnecke Magull. Haut gegen Kolumbien sechs Meter vor dem Tor am Ball vorbei. Unfassbar. Weit, weit von jeglicher Form entfernt. Und ganz vorne „Fräulein“ Brand! Unglaublich wie schwach, aber sie durfte immer wieder ran. Oder „Linksdraußen“ Bühl. Was für eine überragende Stürmerin – sonst. Oder vielleicht auch nur früher. Diesmal aber ein Totalausfall. So könnte ich, bis auf Torhüterin Merle Frohms und Torjägerin Alex Popp, alle kritisieren, es war unglaublich, wie schlecht diese Mannschaft Fußball spielte. Das hatte mit Fußball nichts zu tun. Die einfachsten Pässe gingen schief und endeten als Rohrkrepierer. Stümperhaft, wie die Anfänger. Sven Voss vom ZDF hat ja nach dem vorzeitigen Aus gefordert, nicht mit Häme darauf zu reagieren, aber ich konnte nicht anders. Ich habe mich Minuten nach diesem Debakel gefragt, ob sich die Damen denn auch, wie stets und ständig bei den Männern, ihre eigenen Friseure nach Australien und Neuseeland haben einfliegen lassen?



Zur Frau an der Seite habe ich auch eine Meinung. Martina Voss-Tecklenburg wirkte auf mich während der Spiele oft wirkungslos, fassungslos, ratlos, ahnungslos – überfordert. Aber ihr Vertrag wurde ja schon vorher verlängert, da ist der DFB ja rigoros. Oder auch nur „brutal“. Verträge werden vorher verlängert – man gönnt sich ja sonst nichts! Das war beim Bundes-Hansi (Flick) vor dem WM-Blamage so, das war auch bei U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo vor der EM 23 so. Seine Mannschaft schied ebenfalls überaus blamabel aus, schaffte ein 1:1 gegen Israel, eine 1:2-Niederlage gegen Tschechien und eine 0:2-Pleite gegen die B-Elf Englands. Deutschland belegte mit einem Punkt den vierten Platz in der Gruppe. Vierter Platz – oder schlechter gesagt: letzter Platz. Aber Vertrag verlängert – Glückwunsch! Und nun Voss-Tecklenburg vor der WM. Verlängert. Und da der DFB kein Geld hat (um eine Abfindung zu zahlen), spricht DFB-Präsident Bernd Neuendorf daheim in Deutschland schon mal sein Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit aus. Gut so! So gehört es sich auch. So etwas ist professionell. Fernab vom Geschehen spricht „Mann“ mal eben sein Vertrauen aus.

Armer deutscher Fußball. Es sind in meinen Augen zu viele Dilettanten am Werk! Aber macht man ruhig weiter so, ihr habt alle mein Vertrauen. Und Voss-Tecklenburg will ja auch weitermachen, sie ist noch nie vor irgendwas weggelaufen – sagte sie. Wenn ich so an den Bundes-Hansi denke, der 6,5 Millionen Euro im Jahr verdienen soll – Voss-Tecklenburg wird vielleicht eine oder zwei Millionen weniger in der Tasche haben – aber dafür würde ich auch vor nichts und niemandem weglaufen. „Ich mache weiter!“ Jawollo! Natürlich: Wer läuft denn schon freiwillig von ein paar Millionen (Euro) weg? Ich bin davor selbstverständlich auch noch nie weggelaufen, arbeite aber auch noch emsig an der ersten Million, das muss ich gestehen.


Und wo ich gerade bei armer deutscher Fußball war: Ist es Euch aufgefallen, wie viele Spiele bei der Frauen-WM von deutschen Schiedsrichterinnen gepfiffen worden sind? Ich gebe zu, mir ist nichts in dieser Hinsicht aufgefallen. Es pfiffen Damen aus aller (exotischer) Herren Länder, aber aus Deutschland? Ich habe nichts gesehen. Aber vielleicht werden die deutschen Damen ja noch bis zum Finale geschont. . . Nee, im Ernst, armer deutscher Fußball. Es läuft. Aber nur bergab.


Und wo ich gerade bei Schiedsrichter bin: Nürnberg gegen Hannover 96 (2:2) pfiff ein Herr namens Patrick Alt. Meine Herren, hat der Elfmeter verteilt. Und in der 92. Minute sogar einen, über den sich alle herzlich schlapp gelacht haben – bis auf die Niedersachsen. Die sagten zu dieser Entscheidung: „Ein Skandal.“ Und diesem Urteil schließe ich mich vorbehaltlos an. Da geht dieser Herr Alt noch an die Seitenlinie und sieht sich „seinen“ Elfmeter im Fernsehen an – und entscheidet tatsächlich noch einmal auf Elfmeter! Das ist wirklich ein Skandal. Wie blind muss „Mann“ sein? Diesen unfähigen Unparteiischen sollte der Herr Fröhlich, Chef der deutschen Schiedsrichter aus Berlin, schnellstens erlösen – und ihn von allen künftigen Aufgaben entbinden. Und die dazugehörigen Männer aus dem Kölner Keller, die diesen Skandal absegneten, gleich mit in Rente schicken. Bitte, bitte sofort! Da dringt der Nürnberger Hayashi in den Hannover-Strafraum ein, verfolgt von 96-Profi Arrey-Mbi, Nürnbergs Japaner stellt dem Verteidiger (!) ein Bein, beide Spieler fallen – und Alt fällt auf diesen plumpen Versuch des Elfmeter-Schindens herein. Kann ja mal passieren, durchaus. Aber dann an der Seitenlinie nichts von dem Foul des Nürnbergers zu erkennen, das ist schon mehr als dreist. Tomaten-Alarm hat so etwas die Bild mal genannt. Ist viel zu milde umschrieben. Thorsten „Tusche“ Mattuschka, das Sprach-Wunder von Sky, traf es wieder einmal auf den Punkt: „Ein Witz-Elfmeter.“


So, für heute bin ich wieder einmal restlos bedient. Solche Fehlentscheidungen rauben mir tatsächlich immer mehr die Lust am Fußball und den Glauben an die Gerechtigkeit. Trotz allem möchte ich positiv enden: Ich danke der (Ex-)Lehrerin aus Delmenhorst, die hier mitliest, für die netten und lobenden Sätze. Es geht dabei nicht unbedingt um die sportliche Seite der Berichte (meiner Berichte), sondern um die etwas anderen Sachen wie Grammatik und so. Also nochmals vielen Dank, Frau (Ex-)Lehrerin, liebe Grüße an den Gatten. Und weiterhin viel Spaß beim Mitlesen.


Ich wünsche Euch eine gute und erfolgreiche Woche, bleibt gesund und genießt das Leben,


Dieter Matz






Dieter Matz - Der Blog

Folge 22/2023

Online seit 30.07.2023 


Was für ein Knaller-Start für die Hamburger Zweitliga-Klubs! Das war eine Werbung für den Fußball, das war ein absolutes Spektakel, das war einfach nur überragend! In diesem Spiel über 100 Minuten war alles drin, was der Fußball-Fan liebt: Großartige Stimmung auf den Tribünen, acht Tore, 32 Torschüsse des HSV, ein Platzverweis für den Schalker Ibrahima Cisse, großartige Torwart-Paraden, ein Elfmeter, zwei Pfostenschüsse (Levin Öztunali sowie der eingewechselte Miro Muheim) und Tempo, Tempo, Tempo. Der HSV bot für mich beim 5:3-Erfolg gegen Schalke 04 sein bestes Spiel seit 15 oder sogar 20 Jahren, das war ein sensationeller Auftritt, den ich dem HSV in dieser Form, da bin ich ehrlich, nicht zugetraut hätte. Das war Fußball zum Verlieben! Und dass einen Tag später der FC St. Pauli seine unglaubliche Siegesserie fortsetzt und beim so heimstarken 1. FC Kaiserslautern 2:1 gewinnt – das ist auch einfach nur super zu nennen. In dieser Saison können wir, so glaube ich, viel, sehr , sehr viel von den Hamburger Klubs erwarten: Beide spielen auf jeden Fall oben und um den Aufstieg mit – freuen wir uns also auf eine großartige Zweitliga-Saison – die besser laufen und sein könnte als einen Stock höher, wo der FC Bayern München wieder der große Favorit ist.



Jeder HSV-Fan wird sich wahrscheinlich am Freitag ab 20.30 Uhr und damit mit dem Anstoß im Volkspark verwundert die Augen gerieben haben. Die Rothosen spielten schnell nach vorne, da gab es höchst selten das seit zwei Jahren langatmige Quer- und Zurück-Geschiebe der Walterschen Art, es wurde frisch, fromm und fröhlich auf Sieg gespielt. Frau M., die neben mir saß, sagte verwundert: „Was hat denn der Trainer mit dieser Mannschaft gemacht?“ Ja, was? Auf jeden Fall hatte er seinen Jungs nach der verpatzten Relegation wieder die Freude am Fußball zurückgegeben. Die sprühten vor Unternehmungsgeist. Tim Walter hatte zudem – trotz der großen Personal-Probleme in der Abwehr – die richtige Mischung, soll heißen, die richtige Mannschaft auf den Rasen geschickt. Alle waren heiß! Und viele von Euch werden sich gewundert haben, dass Jean-Luc Dompe und auch Bakery Jatta, des Herrn Walters Liebling, zunächst nur auf der Bank saßen, aber auch das war ein Volltreffer des HSV-Trainers. Mein Kompliment. In Sachen Schnelligkeit gibt es wahrscheinlich zwischen Neuzugang Levin Öztunali und Jatta keinen (großen) Unterschied, aber der Uwe-Seeler-Enkel ist eben der eindeutig bessere Fußballer, was er vor allem in der ersten Halbzeit deutlich unter Beweis stellen konnte.



Dass Walter auch Ransford-Yeboah Königsdörffer den Vorzug gegenüber Dompe gegeben hatte, war auch für mich völlig überraschend, aber ich habe keine Ahnung, wie die Trainingsarbeit und auch die gesamte Vorbereitung gelaufen ist – Walter wird wissen, was er da gemacht hat. Es war auf jeden Fall alles, wirklich alles richtig. Schneller wurde das Spiel des HSV gewiss auch durch die Entscheidung, weil Dompe sich ja auch oft selbst viel lange mit dem Ball vergnügt. Und ich kann wirklich nur hoffen, dass dieser (schnelle) HSV-Auftritt keine Eintagsfliege bleiben wird. Was ich positiv stimmt: Laszlo Benes und auch Neuzugang Immanuel Pherai haben das vorher oft so phlegmatische Mittelfeld unheimlich belebt, sie spielten und zogen unglaublich kreativ auf, sie werden auch in Zukunft eine großartige Waffe des HSV sein – ein solches Duo sehe ich weit und brei in keinem Mittelfeld der Zweitliga-Konkurrenz. Vor allem Pherai ist ja ein Juwel, wer denkt bei seinem Spiel noch an Sonny Kittel? Ich jedenfalls nur in der Beziehung, dass ich froh bin, dass es zu einem solchen „Tausch“ gekommen ist. Pherai ist, wenn er gesund und fit bleibt, ein Vollblut-Fußballer ohne Allüren - so hoffe ich es jedenfalls, so habe ich es und ihn aus der Ferne und bei seinem Ex-Verein Braunschweig verfolgt. Und Pherai, der das 1:0 von Robert Glatzel vorlegte, wird auch hoffentlich niemals so launisch und eingeschnappt sein, wie sein nun abgewanderter Vorgänger. Auch zur Pherai-Verpflichtung möchte ich dem HSV schon jetzt ein dickes Kompliment machen!


Öztunal, Pherai, und ganz hinten Rechtsverteidiger Ignace van der Brempt, der ebenfalls sehr gut und auch sehr schnell (nach vorne) spielte – das sind Leute, die hervorragend passen. Und trotz ihrer guten Leistungen haben sie diesem Spiel nicht die Krone aufgesetzt. Das war ein anderer. Robert „Bobby“ Glatzel war am Freitag der König von Bahrenfeld. Was hatte der genommen – möchte ich fragen? Natürlich nur scherzhaft. Was dieser Glatzel an diesem Abend gespielt hat, ist wirklich mit dem Prädikat „Weltklasse“ zu beschreiben. Vielleicht nur Weltklasse in Sachen Zweiter Liga, aber dieser Auftritt war wahrscheinlich Glatzels „Spiel des Lebens“! Und hoffentlich der Beginn einer großen Serie von Spielen dieser Art. Glatzel, der auf Anhieb phantastisch mit Pherai harmonierte, war überall zu finden, ging lange Wege, er kam oft aus der Tiefe, spielte enorm mannschaftsdienlich (so war es nicht immer!) und er war, gerade so als wäre er in diesem Sommer noch kurz in einen Jungbrunnen abgetaucht, sprintstark und schnell. Ich habe mich gefragt, wie „Blondie“ das gemacht hat? Er war ja nicht wiederzuerkennen. Macht zwei Tor selbst, war an zwei weiteren maßgeblich beteiligt – das war überaus sehenswert und ist auch nur mit Note eins plus Sternchen zu bewerten. Wie übrigens auch sein Torjubel nach dem 4:3, als er sich das Trikot auszog! Da sah er für mich aus wie Cristiano Ronaldo, der Meister aller Klassen. . .



Ja, das Spiel des HSV hatte an diesem Abend viel Glanz, so kann und darf es weitergehen. Und es kann ja auch noch besser werden, weil ja Stützen wie Kapitän Sebastian Schonlau und Vize-Kapitän Ludovit Reis noch gefehlt haben. Und auch auf Neuzugang Dennis Hadzikadunic mussten die Fans ja noch warten, von ihm erwarte ich, dass er sich als zweiter Innenverteidiger neben Schonlau etabliert. Obwohl der Bosnier, der ja vom russischen Erstligisten FK Rostow gekommen ist, mich mit seinen ersten Aussagen als HSV-Profi leicht oder doch ein wenig mehr verwirrt hat. Hadzikadunic ließ in dem ersten Interview das nun Folgende vom Stapel: „Als ich im HSV-Trainingslager angekommen bin und erstmals auf dem Platz stand, habe ich gedacht: Sollen wir so wirklich spielen?" Walters Fußball war also auch für ihn ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber der Abwehrmann fügte auch an: „Ich gewöhne mich bereits an die Spielweise. Ich bin ein Spielertyp, der sich an jedes System und an jedes Team anpasst." Allerdings unterstrich er auch noch einmal: „So wie hier habe ich vorher noch nie gespielt. Es ist aber auch nicht das erste Mal, und es wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich meinen Spielstil ändern muss." Der bosnische Nationalverteidiger selbstbewusst weiter: „Ich kenne meine Qualitäten und bin hier, um sie zu zeigen. Ich möchte der Mannschaft helfen und aufsteigen." Wir alle dürfen gespannt sein! Ich glaube an ihn und hoffe, dass Javi Montero, der ja nun zum Glück hinter uns liegt, nur ein kleiner Ausrutscher in Sachen HSV-Einkaufspolitik gewesen ist.



Und wo ich gerade in der HSV-Abwehr unterwegs war: Ich habe natürlich die drei Gegentore bemerkt, habe sie auch registriert, aber wie hieß der Gegner noch am Freitag? Eben-Schalke 04. Aufstiegsfavorit Nummer eins.






Seitenanfang

Und damit keine Thekenmannschaft. Da können Gegentore schon mal passieren. Ich habe dabei Guilherme Ramos und Stephan Ambrosius, die Ersatzleute in der HSV-Defensive, nicht so schlecht gesehen wie viele andere. Der starke Gegner S04, die große Kulisse, das erste Spiel der Saison, die ganz sicher auch vorhandene Nervosität – da sollte man als Fan schon mal einige Abstriche machen. Natürlich haben sie einige Fehler gemacht, so vor allem beim 1:1 von Schalkes Jüngling Quedraogo, als sie am Fünfmeterraum auf einem Bierdeckel austanzen ließ, aber wie gesagt – so etwas passiert. Sie werden daraus lernen. Und: Wenn ihnen das nicht passiert, dann wäre Schonlau und Hadzikadunic ja auch „über“.


Ein kurzer Satz noch zu Moritz Heyer. Er war Ersatz hinten links, und er machte seine Sache nicht nur gut, sondern zeigte einmal mehr seine Vielseitigkeit. Er kann eben alles spielen, das macht ihn so wertvoll. Nie so richtig überragend, aber meistens zuverlässig – und Schnitt. Und wenn ich noch eines bemerken darf: Den Fehlpass von Öztunali, der dann zum 3:3 führte, habe ich nicht übersehen. Dieser Fehler war natürlich überflüssig und totaler Mist, zeigte aber auch auf, dass der Stürmer zu diesem Zweitpunkt (66.) schon „auf“ war, er japste nach Luft und pumpte teilweise wie ein Maikäfer. Da muss der gute Levin dann doch noch zulegen. . . Herr Walter, übernehmen Sie! Ganz zum Schluss noch eine Bemerkung zum Schiedsrichter. Dass Matthias Jöllenbeck im Volkspark pfeifen durfte, hat mich gewundert, ich hätte bei HSV gegen Schalke vor 57 000 Zuschauern eher an einen Arrivierten wie Dr. Felix Brych oder auch Deniz Aytekin gedacht – aber Jöllenbeck bot eine Klasse-Leistung. Und das sage ich gewiss nicht, weil es diesen Heimsieg gegeben hat! Abschließend Tim Walter zu diesem Spektakel: „Wir hatten nur eine kurze Vorbereitung, es gibt da sicher noch einige Dinge, die wir besser machen können und auch beser machen müssen."



So, das war es dann auch zum HSV. Zum FC St. Pauli. Als hätte es keine Sommerpause gegeben. Die Mannschaft spielt so wie „einst im Mai“, so wie im vergangenen halben Jahr. Großartig. Nach sieben Siegen in sieben Vorbereitungsspielen lief es schon wieder fast optimal. Ich habe St. Pauli vor Beginn dieser Saison beim „Kicker“ auf Platz zwei getippt – und so spielten die Jungs auch in der „Hölle Betzenberg“ auf. Cool, abgeklärt und taktisch klug. Wobei auch hier der Trainer eine entscheidende Rolle gespielt hat. Fabian Hürzeler ließ zu meiner (und wahrscheinlich auch vieler St.-Pauli-Fans) Überraschung Oladapo Afolayan sowie Neuzugang Danel Sinani auf der Bank, brachte vorne Connor Metcalfe und Elias Saad. Mensch, ich gebe es zu, wie habe ich mich für „meinen“ Norderstedter und Euren Buxtehuder Saad gefreut, dass er bei der Saisonpremiere von Anfang an ran durfte. Einfach toll. Und er hat seine Nominierung auch mit einer sehr, sehr starken Vorstellung gerechtfertigt. Super. Er war der beste Hamburger an diesem Tag und war auch an fast allen torgefährlichen Aktionen seiner Mannschaft beteiligt – und er hat natürlich auch das 1:0 gemacht - nach einem herrlichen Pass von Jackson Irvine.



Apropos Irvine. Bei ihm habe ich mich gewundert, dass er noch beim FC St. Pauli spielt. Da hat die „große Konkurrenz“ aus Liga eins meines Erachtens schwer geschlafen – zum Glück für den Kiez-Klub. Irvine, australischer WM-Teilnehmer (!), war nach meinen Beobachtungen einer der besten Spieler der vergangenen Zweitliga-Saison, er hatte maßgeblichen Anteil am steilen Aufstieg des FC St. Pauli in der sagenhaften Rückrunde. So ein Mann spielt eigentlich Erste Liga, egal in welchem Land – aber das kann ja noch kommen: 2024 mit den Braunen!


Vom Stamm hat St. Pauli nur Lukas Daschner und Leart Paqarada verloren. Letzterer wurde im Südwesten von Lars Ritzka ersetzt – eine Überraschung für mich. Aber Ritzka beging defensiv fast keinen Fehler, das war absolut okay. Im Angriff hatte Hürzeler Neuzugang Andreas Albers den Vorzug gegenüber Afolayan gegeben. Chance genutzt? Das glaube ich eher nicht. Ihm unterliefen einige technische Fehler, und er blieb chancenlos. Was ihn trotz allem ein wenig wertvoll gemacht hat: Am Betzenberg muss man schwer dagegenhalten – und Albers kann das, ist eine (kleine) Kante. Am Millerntor aber erwarte ich doch Afolayan im Team, er ist schnell und dribbelstark, er strahlt auch mehr Torgefährlichkeit aus. Hoffe ich jedenfalls. Und als er am Betzenberg in der 63. Minute für Metcalfe (der blass geblieben ist) kam, sorgte er auf seine (für mich etwas) unorthodoxe Art doch noch für einigen Wirbel in der Lauterer Hälfte.



Neben Saad glänzte beim Sieger vor allem Marcel Hartel, der auch das Siegtor markierte (75.). Nach einem Foul von Lauterns Tobias Raschl verwandelte Hartel den Strafstoß höchst selbst und sorgte so für den nächsten Dreier. St. Pauli war in diesem Spiel die reifere Mannschaft, spielte diszipliniert und erwies sich über die volle Distanz auch als das bessere Team. Was am Betzenberg und vor über 44 000 Zuschauern schon etwas heißen soll. Verlass war einmal mehr auf die Recken in der Defensive: Jakov Medic, Eric Smith, Karol Mets. Keine andere Zweitliga-Mannschaft in Deutschland hat eine solche Abwehr aufzubieten. Beim 1:1-Ausgleichsotr allerdings sah Mets nicht ganz so glücklich aus, weil der die Flanke vor dem Tor nicht verhinderte. Ein kleiner Wermutstropfen – aber zum Glück folgte auf diesen Patzer keine Bestrafung. Gut im Tor auch diesmal wieder (die Ruhe selbst) Nikola Vasilj. Irvine kann und wird sicher noch zulegen, Manolis Saliakas bot defensiv eine solide Leistung, nach vorne hat er in der Vergangenheit schon mehr und auch etwas bessere Szenen gehabt.



Ein kurzer Satz ganz schnell noch zu Schiedsrichter Robert Schröder. Er begann schlecht: Der Lauterer Aaron Opoku reißt und zerrt auf Höhe Mittellinie am Trikot von Hartel, der St.-Pauli-Spieler fällt, ein Konter wird unterbrochen – und keine Karte! Das steht im DFB-Regelwerk ganz eindeutig anders! Immerhin aber hat sich Schröder dann doch noch gesteigert, wurde ein guter Leiter dieses Spiels – und gab auch den Elfmeter. Das hätte ich, gebe ich gerne zu, zu Beginn dieser Partie nicht für möglich gehalten. Aber gut, vielleicht denke ich bei solchen (Fußball-)Dingen auch gelegentlich etwas zu schlecht – wirft man mir ja auch ab und zu wohl nicht zu Unrecht vor.


Abschließender Satz von Fabian Hürzeler: „Wir können noch zulegen.“ Ja, wenn das so ist, dann steht einer erfolgreichen St.-Pauli-Saison ja absolut nichts im Wege!


Ich bin somit am Ende. Und komme noch einmal auf Tim Walter zurück. Er liebt seine Mannschaft, er liebt seinen Arbeitgeber, er liebt die Fans. So sagt er es ja immer wieder, und so hat er die Herzen der HSV-Anhänger erobert. Deswegen ende ich nun auch so:


Ich liebe Euch alle!


Und wünsche Euch und Euren Lieben eine gute und erfolgreiche Woche,

bleibt gesund.


Dieter Matz



Share by: